Interner Polizeibericht:"Es waren einfach zu viele zur gleichen Zeit"

Interner Polizeibericht: Eines der wenigen Agenturbilder der Szenerie vor dem Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht.

Eines der wenigen Agenturbilder der Szenerie vor dem Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht.

(Foto: AP)
  • Ein Einsatzbericht eines leitenden Beamten offenbart die Dimension der Gewalt in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof und die Überforderung der Polizei.
  • "Frauen mit Begleitung oder ohne durchliefen einen im wahrsten Sinne 'Spießrutenlauf' durch die stark alkoholisierten Männermassen, wie man es nicht beschreiben kann", schreibt der Beamte.
  • Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers gerät stärker unter Druck. Die Kölner Polizei hatte in einer ersten Bilanz der Silvesternacht die Einsatzlage als "entspannt" bezeichnet.

Die Bundespolizei hat die Echtheit des Berichts eines Polizisten bestätigt, der in leitender Funktion beim Einsatz am Kölner Hauptbahnhof beteiligt war. Er schildert die Geschehnisse in der Silvesternacht. Zuerst hatte die Bild-Zeitung ihn veröffentlicht, er liegt auch SZ.de vor und wird in der Folge in voller Länge und unkommentiert wiedergegeben:

Der interne Polizeibericht im Wortlaut:

"Schon bei der Anfahrt zur Dienststelle an den Hauptbahnhof Köln wurden wir von aufgeregten Bürgern mit weinenden und geschockten Kindern über die Zustände im und um den Bahnhof informiert" - beginnnt der Beamte sein Einsatzprotokoll. "Am Vorplatz (Domprobst-Ketzer-Str.) angekommen, wurden unsere noch nicht abgestellten Fahrzeuge mit Böllern beworfen.

Am Vorplatz und der Domtreppe befanden sich einige tausend meist männliche Personen mit Migrationshintergrund, die Feuerwerkskörper jeglicher Art und Flaschen wahllos in die Menschenmenge feuerten bzw. warfen. Am Parkraum angekommen, liefen viele aufgewühlte Passanten auf die Einsatzkräfte zu und berichteten unter anderem über die oben beschriebenen Zustände und über Schlägereien, Diebstähle, sexuelle Übergriffe an Frauen usw.

Die Einsatzkräfte befanden sich somit sofort in polizeilichen Maßnahmen. Selbst das Erscheinen der Polizeikräfte und getroffene Maßnahmen hielten die Massen nicht von ihrem Tun ab, sowohl vor dem Bahnhof wie auch im Bahnhof Köln. Gegen 22.45 Uhr füllte sich der gut gefüllte Bahnhofsvorplatz und Bahnhof weiter mit Menschen mit Migrationshintergrund. Frauen mit Begleitung oder ohne durchliefen einen im wahrsten Sinne 'Spießroutenlauf' durch die stark alkoholisierten Männermassen, wie man es nicht beschreiben kann. Da der nicht sachgemäße massive Pyrogebrauch in Form von Werfen und Abschießen in die Menschenmenge zunahm, kontaktierte mich der Zugführer der Landespolizei.

Situation, die zu erheblichen Verletzungen wenn nicht sogar Toten führen würde

Wir kamen beide zu dem Entschluss, dass die uns gebotene Situation (Chaos) noch zu erheblichen Verletzungen wenn nicht sogar zu Toten führen würde. Der zuständige Hundertschaftsführer war nun vor Ort und bestätigte unsere Beurteilung der Lage. Nach Rücksprache mit der Gesamteinsatzleitung der Landespolizei entschlossen wir uns aufgrund der erheblichen Gefährdung aller Personen und Sachen, den Bereich der Domtreppe über den Bahnhofsvorplatz in Richtung Domprobst-Ketzner-Str. zu räumen.

Der zuständige Hundertschaftsführer fragte nach anlassbezogener Unterstützung bei der Räumung, welcher durch einem Hauptkomissar zugestimmt wurde. [Eine Einheit]... übernahm die Sperrung des Bahnhofes und hielt sich für eine lageangepasste Unterstützung am Hauptausgang bereit. Die Räumung begann um circa 23.30 Uhr oberhalb der Domtreppe in Richtung des Vorplatzes. Als die Räumkräfte [auf Höhe des Haupteingangs] waren, sperrten diese den Hauptbahnhof am Hauptausgang des A-Tunnels, für jeglichen Personenverkehr. Im Verlaufe der Räumung wurden zwei Einsatzkräfte immer wieder mit Feuerwerkskörpern beschossen und mit Flaschen beworfen. Aufgrund dieser Situation unterstützen wir neben der Absperrung die Räumung des Einsatzraumes mit massivem Zwangseinsatz in Form von einfacher körperlicher Gewalt.

Erschwerend bei der Räumung neben der Verständigung waren die körperlichen Zustände der Personen aufgrund des offensichtlichen massiven Alkoholgenusses und anderer berauschender Mittel (z.B. Joint). Ende der Räumung gegen circa 00.15 Uhr. Im weiteren Einsatzverlauf kam es immer wieder zu mehrfachen körperlichen Auseinandersetzungen vereinzelter Personen wie auch Personengruppen, Diebstählen und Raubdelikten an mehreren Ereignisorten gleichzeitig. Im Einsatzverlauf erschienen zahlreiche weinende und schockierte Frauen / Mädchen bei den eingesetzten Beamten und schilderten von sexuellen Übergriffen durch mehrere männliche Migranten/ -gruppen. Eine Identifizierung war leider nicht mehr möglich (siehe Punkt 8 u.a.).

"Geschädigte wurden vor Ort, bei Nennung des Täters bedroht"

Polizei am Kölner Hauptbahnhof

Nach den Übergriffen in der Silvesternacht verstärkt die Polizei die Präsenz am Hauptbahnhof.

(Foto: dpa)

Die Einsatzkräfte konnten nicht allen Ereignissen, Übergriffen, Straftaten usw. Herr werden, dafür waren es einfach zu viele zur gleichen Zeit. Aufgrund der Vielzahl der o.a. Taten beschränkten sich die Einsatzkräfte auf die Lagebereinigung mit den notwendigsten Maßnahmen. Da man nicht jedem Opfer einer Straftat helfen und den Täter dingfest machen konnte, kamen die eingesetzten Beamten an die Grenze zur Frustration.

Zu Spitzenzeiten war es den eingesetzten Kräften nicht möglich, angefallene Strafanzeigen aufzunehmen. Neben den oben geschilderten Situationen kamen noch folgende Ereignisse/Vorfälle, die hier nicht alle aufgeführt werden, hinzu:

1. Zerreißen von Aufenthaltstiteln mit einem Grinsen im Gesicht und der Aussage: "Ihr könnt mir nix, hole mir Morgen einen Neuen."

2. "Ich bin Syrer, ihr müsst mich freundlich behandeln! Frau Merkel hat mich eingeladen."

3. Platzverweise wurden meist mit Zwang durchgesetzt. Betreffende Person tauchten immer wieder auf und machten sich einen Spaß aus der Situation. Ein Gewahrsam kam in dieser Lage aufgrund der Kapazitätsgrenze in der Dienststelle nicht in Betracht.

4. Bahnsteigsperrung aufgrund der Überfüllung. Reaktion: auf den Nebenbahnsteig, über das Gleis auf den überfüllten / abgesperrten Bahnsteig. Dies führte zu Gleissperrung da sich Personen im Gleis befanden, welche die Situation auf den Bahnsteigen nicht entschärfte.

5. Zustieg in die Züge nur über körperlichen Auseinandersetzungen - Recht des Stärkeren.

6. Im ganzen Bahnhof überall "Erbrochenes" und Stellen die als Toilette genutzt wurden.

7. Viele männliche Personen (Migranten) die ohne Reisabsichten in allen Bereichen des Bahnhofes ihren Rausch ausschliefen ( Bankschalter, Warteraum usw.).

8. Wurden Hilferufe von Geschädigten wahrgenommen, wurde ein Einschreiten der Kräfte durch Herumstehende (Mitglieder?) z.B. durch Verdichten des Personenringes / Massenbildung daran gehindert an die Betreffenden (Geschädigte/Zeugen/Täter) zu gelangen.

9. Geschädigte / Zeugen wurden vor Ort, bei Nennung des Täters bedroht oder im Nachgang verfolgt.

Aufgrund der ständigen Präsenz der Einsatzkräfte und aufmerksamer Passanten im Bahnhof, konnten vollendete Vergewaltigungen verhindert werden. Auffällig war zu dem die sehr hohe Anzahl an Migranten innerhalb der polizeilichen Maßnahmen der Landespolizei und im eigenen Zuständigkeitsbereich.

Maßnahmen der Kräfte begegneten einer Respektlosigkeit, wie ich sie in 29 Dienstjahren noch nicht erlebt habe.

Der viel zu geringe Kräfteansatz, fehlende Führungsmittel und Einsatzmittel (war im Vorfeld so nicht zu erwarten) brachten alle eingesetzten Kräfte ziemlich schnell an die Leistungsgrenze. Die Einsatzkräfte absolvierten den ganzen Einsatz in schwerer Schutzausstattung und behelmt von 21.45 Uhr bis 07.30 Uhr ohne die Leistungsbereitschaft und den Leistungswillen zu verlieren. Diese chaotische und beschämende Situation in dieser Silvesternacht, führte zu einer zusätzlichen Motivation innerhalb der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (...), dem Regeldienst der Bundespolizei Köln und den eingesetzten Einsatzkräften der Landespolizei."

Der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers gerät durch diesen Bericht immer stärker unter Druck. Die Bundespolizei erklärte, sie wolle den Bericht derzeit öffentlich nicht bewerten, er fließe aber in die Nachbereitung des Einsatzes ein, sagte ein Sprecher. Die Kölner Polizei hatte in einer ersten Bilanz der Silvesternacht die Einsatzlage als "entspannt" bezeichnet. Polizeipräsident Albers bezeichnete diese Einschätzung später als falsch.

Lesen Sie dazu auch die Seite Drei "Schock, Schwere, Not" - mit SZ Plus:

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