Indien:Brust raus

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Bollywood-Star Salman Khan soll einen Obdachlosen totgefahren haben. Nun ist er gegen 415 Euro Kaution wieder frei - und wird gefeiert.

Von Arne Perras, Singapur

Egal ob im Film oder im richtigen Leben, die Pose ist immer dieselbe: Salman Khan, Bollywood-Berühmtheit, kommt als Sieger daher, nichts und niemand kann ihn aufhalten, wenn er sich, umringt von Kameras, Bodyguards und kreischenden Fans, einen Weg durch die Menge bahnt. So war es auch in dieser Woche in Mumbai, obgleich es für ihn anfangs gar keinen Sieg zu feiern gab. Im Gegenteil: Ein Gericht hatte den Schauspieler am Mittwoch wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ins Gefängnis muss Khan aber nun doch nicht, er bleibt bis zu seinem Berufungsprozess auf freiem Fuß, wie am Freitag entschieden wurde.

Der Fall wühlt Indien auf wie kein anderer, seit Tagen scheint dieses Milliardenvolk nur noch das Gerichtsdrama um Khan zu kennen. Das liegt auch daran, dass der 49-Jährige zu den wenigen Stars gehört, die tatsächlich Fans aus allen indischen Schichten haben. In mehr als 80 Bollywood-Filmen ist Khan zu sehen. Sie heißen "Dabangg", "Ready", "Bodyguard" oder "Ek Tha Tiger". In Deutschland kennt sie keiner, aber in Asien ist Khan ein Idol. So schlugen die Emotionen in diesen Tagen hoch, vor dem Gerichtssaal wollte sich einer seiner Fans aus Protest gegen die Justiz gar das Leben nehmen. Khan wirkte meist ungerührt. Brust raus, Bauch rein. Und einmal lässig die Sonnenbrille zurechtgerückt. Wie im Film. Khan, der Supercop. Fehlte nur noch, dass er einhändig und eher nebenbei alles aus dem Weg räumte, was ihm an Schuften und Schurken in den Weg kam.

Ganz anders wirkte das Bild, das der Staatsanwalt in diesem Justizfall gezeichnet hatte: Da verliert ein Betrunkener im September 2002 nachts die Kontrolle über sein Fahrzeug, er rast in eine Bäckerei und überfährt dabei eine Gruppe von Obdachlosen auf dem Gehsteig. Vier werden verletzt, einer stirbt. Der Mann am Steuer, der damals Fahrerflucht beging, soll Khan gewesen sein. Doch Khan bestreitet, dass er selbst gefahren ist.

Bollywood, das ist die schmachtende Welt der indischen Filmindustrie, eine milliardenschwere Traummaschine. Action, Liebe, Eifersucht. Das ganze Programm. Und mitten drin Salman Khan, der mal den romantischen Helden gibt, dem die Frauen zu Füßen liegen, und dann wieder den harten Action-Typ mit der schnellen Faust. Viele verehren ihn wie einen Gott, doch alle wissen, dass er schon öfters mit dem irdischen Gesetz in Konflikt geraten ist. So läuft gegen ihn auch ein Verfahren wegen Wilderei, weil er bei einem Jagdausflug 1998 eine seltene Gazelle schoss.

Als die Kaution für den Multimillionär Khan am Freitag auf 415 Euro festgesetzt wurde und er nach Hause durfte, versetzte das viele Fans in Ekstase. In den sozialen Medien allerdings tobte der Streit um die Causa Khan weiter. Unter seinen Fans gab es auch solche, die sich über die Opfer mokierten, Tenor: Was mussten die damals auch auf der Straße schlafen, die ist doch für Autos da. Das provozierte wiederum den Zorn der Kritiker, die sich wunderten, wie einer so leicht auf Kaution freikommt, während die Armen oft vergeblich um ihr Recht kämpften. Nun warten alle auf den Berufungsprozess, der im Juli beginnen soll.

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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