Süddeutsche Zeitung

Hundefutter:Delikatessen im Napf

Gerade in einer kinderarmen Gesellschaft wird der Hund immer mehr zum Sozialpartner des Menschen. Und damit das Tier nicht zu kurz kommt, servieren Herrchen und Frauchen Gourmet-Kost.

Von Martin Zips

Gelegentlich kann man dieser Tage ja lesen, dass zu wenig Kinder geboren würden in Deutschland. Dass es jungen Eltern an Geld und Zeit, manchmal aber auch einfach am Willen oder an den Möglichkeiten für die Familienplanung mangele.

Der Hund als Statussymbol

"Wo dem Menschen der Mensch fehlt, werden nicht selten Hunde und Katzen zum Ersatz für diesen Mangel", sagt Michael Grewe, Mitbegründer des Hundezentrums Canis im Bayerischen Wald. Gerade in einer kinderarmen Gesellschaft werde der Hund immer mehr zum Sozialpartner des Menschen. Gelegentlich auch zum Statussymbol. "Ein Modehund wie der Huskie ist das Gegenstück zu einem Geländewagen in der Großstadt", sagt Hundeausbilder Grewe.

Hunde und Katzen sind en vogue

Die Münchner Tierernährungsforscherin Ellen Kienzle wiederum meint, dass der gesellschaftliche Stellenwert von Hunden und Katzen derzeit so hoch sei wie noch nie. "Sein Haustier als Familienmitglied zu bezeichnen - das ist absolut en vogue." Und bevorzugten Herrchen und Frauchen eben teuren Wein und exquisites Essen, so werde nicht selten auch das Tier mit Gourmet-Kost verwöhnt. Aus Gewohnheit, nicht aus Kompensation. Letztlich alles eine Frage des Geldes. Über zwei Milliarden Euro gaben die Deutschen im Jahr 2002 für das Fertigfutter ihrer Tiere aus. So viel wie nie.

Purer Luxus: "Dinner for Dogs"

Die Nürnberger Firma "Century Biz" beliefert deutschlandweit über 8000 Kunden mit der Luxusnahrung "Dinner for Dogs". Dem Trockenfutter "Wellness" zum Beispiel oder dem Frische-Menue "Delikatess". Im Gespräch mit den Tierbesitzern könne das Futter jederzeit individuell abgestimmt werden, sagt Kundenbetreuer André Morgenstern. Neben dem Werbeexperten Frank Hertrich und dem Konditor und Industriekaufmann Michael Keck ist Morgenstern einer der Köpfe hinter "Dinner for Dogs".

Nach der Bestellung bringt ein Paketservice das Futter frisch ins Haus. 200Gramm Dosenfutter mit bis zu 78Prozent Fisch-, Fleisch-, Wild- oder Geflügelanteil sind ab 1,45 Euro zu haben. Das Konzept sei erfolgreich, sagt Morgenstern. Schon wird über eine Expansion gen Italien und Frankreich nachgedacht. Bisher gehörte der Futtermittel-Markt vor allem Giganten wie Masterfoods, wo man neben Mars, Snickers und Twix auch Chappi, Cesar, Pedigree, Whiskas, Sheba, Kitekat und Trill im Sortiment hat. Aber auch Nestle und Procter&Gamble mischen in dem Markt kräftig mit.

Nobel-Happi für Schumachers Golden Retriever

Umso mutiger das Engagement der erst seit einem Jahr existierenden Franken-Firma, die nach eigenen Angaben auch den Napf von Ralf Schumachers Golden Retriever mit dem in Nordrhein-Westfalen produzierten Nobel-Happi-Happi füllt.

Während früher vor allem menschliche Speisereste in den Schlund der Haustiere wanderten, verfüttern heute bereits 90Prozent der Hunde- und Katzenhalter Industriefutter. "Mangelerkrankungen sind bei Hunden und Katzen heutzutage überhaupt kein Thema mehr", sagt die Münchner Tierernährungsspezialistin Ellen Kienzle. "Die Ernährung für Haustiere nämlich ist heute auf einem derart hohen Stand, dass ich mir wünschen würde, es gäbe Ähnliches auch für Menschen."

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Quelle:
SZ vom 24.03.2004
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