Hollywood hilft Nasa:Operation Sonnenstaub

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Die "Genesis"-Sonde kehrt aus dem All zurück, an Bord ein Stückchen Sonne. Mit dem Hubschrauber soll ein Stuntman die Kapsel in der Luft abfangen - alle Militärpiloten hatten dankend abgewunken. Schlägt sie auf, hat die Nasa mehr als 220 Millionen Dollar in den Sand von Utah gesetzt.

Von Hubert Filser

Zehn Minuten haben Dan Rudert und Cliff Fleming Zeit, um der Menschheit ein bisschen Wärme zurückzugeben. Die beiden Stuntpiloten sollen diesen Mittwoch gegen 18 Uhr unserer Zeit ein Stück Sonne bergen, das die Nasa-Weltraumsonde Genesis auf ihrer 32 Millionen Kilometer weiten Reise eingefangen hat.

Mit einem speziellen Haken am Hubschrauber muss der Stuntman die Kapsel samt Fallschirm erwischen. (Foto: Foto: Nasa)

Genau genommen geht es zwar nur um 20 Mikrogramm Sonnenstaub - so viel, wie ein paar Körner Salz wiegen. Doch die Forscher erhoffen sich von der Fracht Aufschluss darüber, wie das Sonnensystem entstanden sein könnte. Zerschellt die Genesis-Kapsel mit dem Sonnenstaub in der Wüste von Utah, ist die Arbeit von Jahren verloren - und damit 220Millionen Dollar.

Kameras übertragen die Rettungsaktion live; das zumindest ist für die Protagonisten dieser Geschichte nichts Neues. Nicht gewöhnt allerdings sind Dan Rudert und Cliff Fleming, selbst im Mittelpunkt zu stehen. Beide sind Stuntpiloten für Filmaufnahmen und eigentlich leihen sie Schauspielern nur ihre Körper. Man habe, sagt die Nasa, "die zwei besten Piloten der Welt" für die Mission engagiert.

Nur Stuntpiloten seien in der Lage, punktgenau und exakt zur richtigen Zeit dahinrasende Autos, Motorräder oder Wasserskifahrer anzufliegen. Rudert, 45, vergleicht das Manöver mit einem Stunt, den er gerade für eine Autofirma gedreht hat. Dabei verfolgt er im Helikopter den Radprofi Lance Armstrong, als der die abschüssigen Straßen von San Francisco hinabbrettert.

Rudert ist in Hollywood eine feste Größe: Er steuerte den Helikopter in Blockbustern wie "Hulk", "Charlie's Angels", "Con Air" und "TripleX". Gerade hat er die Dreharbeiten zu "Batman 4". In all diesen Filmen wird die Welt gerettet, vielleicht schlägt Rudert auch deshalb einen pathetischen Ton an, wenn er über seinen Auftrag spricht.

Als er von dem Nasa-Projekt erstmals gehört habe, seien ihm Bilder eines aus dem All heranfliegenden Feuerballs in den Sinn gekommen. Nach elf Probeflügen mit einer Fangquote von 100 Prozent ist der 45-jährige Pilot zuversichtlich: "Wir werden Fluggeschichte schreiben. Erstmals wird ein Objekt, das von außerhalb der Erdumlaufbahn kommt, in der Luft aufgegriffen und so gerettet."

Und so soll es gehen: Die Kapsel soll nach ihrem Eintritt in die Erdatmosphäre an einem Fallschirm und später an einem Gleitsegel auf ein Trainigsgelände der US-Luftwaffe 112 Kilometer westlich von Salt Lake City zur Erde schweben. Rudert und Fleming warten zu diesem Zeitpunkt in 3000 Metern Höhe darauf, dass das Radar die Koordinaten der Kapsel erfasst.

Dann kommt die große Show des in Salt Lake City geborenen Rudert. In 1200 Metern Höhe soll er versuchen, das zehn Meter lange, drei Meter breite Segel zu schnappen. Unten am Hubschrauber hängt eine sechs Meter lange Stange mit Haken. So rast er auf die Genesis-Kapsel zu. "Es ist, als würde man mit einer riesigen, schwebenden Qualle in Formation fliegen", sagt der Pilot. Sein Partner Fleming steht derweil in 900 Metern Höhe bereit, falls Rudert scheitert.

In solchen Höhen ist es schwer, Distanzen abzuschätzen, erklärt Rudert. Es gebe keine Orientierungspunkte wie Bäume oder Häuser. Auf einer Skala von eins bis zehn schätzt Rudert den Schwierigkeitsgrad auf "acht bis neun". Fünf Versuche haben die beiden maximal.

Sollte die Mission erfolgreich verlaufen, hat Rudert seinen nächsten Auftrag schon sicher: Im Frühjahr 2006 wird die Sonde Stardust von ihrer Reise zum Kometen Wild 2 zurückkehren, im Gepäck hat sie Kometenstaub.

© SZ vom 7.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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