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Holland's Next Topmodel gewinnt Gerichtsstreit:Recht auf zwei Zentimeter Hüftspeck

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Weil sie sich nicht auf einen Hüftumfang von 90 Zentimetern hungern wollte oder konnte, wurde einer Gewinnerin der niederländischen Topmodel-Show gekündigt. Die Frau zog vor Gericht. Jetzt bekam sie recht - und einen neuen Werbevertrag

Zwei Zentimeter mehr auf der Hüfte sind kein Kündigungsgrund, auch nicht für ein "Topmodel": Das hat jetzt ein niederländisches Gericht entschieden und damit der Gewinnerin der Castingshow Holland's Next Topmodel recht gegeben. Ananda Marchildon hatte nach eigenen Angaben von der Modelagentur Elite nach der Fernsehsendung 2008 einen Vertrag über 75.000 Euro erhalten. Sie habe aber nur 10.000 Euro verdient. Dann sei ihr gekündigt worden.

Das Gericht gab der heute 25-Jährigen recht und sprach ihr 65.000 Euro zu. In der schriftlichen Urteilsbegründung hieß es, die 1,80 Meter große Frau habe zum Zeitpunkt ihres Gewinns einen Hüftumfang von 92 Zentimetern aufgewiesen. Elite habe nicht von ihr verlangen können, einen Umfang von 90 Zentimetern zu erreichen.

Dort sieht man das allerdings anders: Elite-Sprecherin Rita Camelli teilte aus Mailand mit, die Agentur erwäge ihre Optionen. "Natürlich sind wir enttäuscht", sagte sie. "Wir fühlten uns im Recht." Auf nähere Einzelheiten wollte sie nicht eingehen.

Mit dem Urteil wurde eine recht schonungslose E-Mail-Korrespondenz zwischen Marchildon und einer nicht namentlich genannten Mitarbeiterin der Modelagentur veröffentlicht. "Wir hatten uns darauf geeinigt, dass du alle zwei Wochen bei uns vorbeischaust, um zu beurteilen wie es mit deiner Diät, deinem Training und deinem Abnehmen vorangeht. Wir nehmen weiter Maß", schrieb die Angestellte. "Heute, 23. März 2010, haben wir deine Hüfte mit 98 Zentimeter gemessen. Das ist eine Erinnerung. Das Ziel ist, dass du bis Ende Juni einen Hüftumfang von nicht mehr als 90 Zentimeter hast."

Marchildon antwortete, sie werde ihre frühere Figur wiedererlangen. Nicht mehr. "Wenn es am Ende so aussieht, dass unglücklicherweise nicht genug Aufträge eingegangen sind, ändert das nichts an den Verpflichtungen aus dem Vertrag", schrieb sie. Die Wege des Models und der Agentur trennten sich im September.

Die unrealistischen Anforderungen der Modebranche an die Models werden immer wieder kritisiert. Insbesondere, dass die gestellten Ansprüche ungesundes Essverhalten begünstigten. Die Agenturen berufen sich darauf, dass sie nur den Wünschen ihrer Kunden nachkämen. Ein Model, das nicht den Vorstellungen der Kunden entspreche, bekomme keine Aufträge, heißt es aus der Branche. Der Unterwäschehersteller Sloggi heuerte Marchildon am Montag für ein Shooting an, um zu demonstrieren, dass sie immer noch als Model arbeiten kann. "Es ist unglaublich verrückt, dass ein Model mit ihrer Figur als zu dick abgeschrieben wird", sagte eine Sprecherin der Unterwäschefirma. "Sie ist einfach eine wunderschöne Frau. Und um Gottes Willen, sie sollte nicht Hunger leiden", sagte sie.

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Süddeutsche.de/Toby Sterling, dapd/leja
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