Höxter-Prozess:Staatsanwalt fordert lebenslange Haftstrafen

  • Im Prozess gegen das Paar aus Höxter, dem in zwei Fällen Mord durch Unterlassung vorgeworfen wird, haben die Plädoyers begonnen.
  • Die Staatsanwaltschaft hat für Angelika W. und Wilfried W. das maximal mögliche Strafmaß gefordert wegen besonderer Schwere der Schuld.
  • Wilfried W. gilt laut eines Gutachtens nur als begrenzt schuldfähig. Wegen der Grausamkeit des Falles will die Anklage sein Strafmaß dennoch nicht mildern.

Im Mordprozess von Höxter hat die Staatsanwaltschaft lebenslange Haftstrafen für die beiden Angeklagten Wilfried W. und seine Exfrau Angelika W. beantragt. Oberstaatsanwalt Ralf Meyer sieht es als erwiesen an, dass sich die beiden des gemeinschaftlich versuchten und vollendeten Mordes schuldig gemacht haben. Für beide Angeklagten beantragte Meyer zusätzlich die besondere Schwere der Schuld.

Im Fall von Wilfried W. hat die Forderung des maximalen Strafmaßes Prozessbeobachter überrascht. Der 48-Jährige wurde von einer Gutachterin nämlich als vermindert schuldfähig eingestuft. Das erkennt die Staatsanwaltschaft auch an. Die im Verfahren ans Licht gekommene Grausamkeit wiege jedoch so schwer, dass man dem Angeklagten eine mildere Strafe dennoch verweigern müsse, so der Oberstaatsanwalt. Zudem habe sich Wilfried W. nicht nur des Mordes und des versuchten Mordes strafbar gemacht, er habe auch versucht, die Straftaten zu verdecken. Dies müsse berücksichtigt werden. Meyer fordert für den Angeklagten zudem die Unterbringung in der Psychiatrie.

Angelika W. wird unter anderem vorgeworfen, eines der Opfer, Anika W., in einer Badewanne angekettet und das Wasser aufgedreht zu haben. Wie sie vor Gericht einräumte, sei es ihr egal gewesen, ob die Frau dabei ertrinke. Anika W. starb im August 2014 auf dem Hof der Angeklagten. Falls sich das Gericht entschließt, der Forderung der Staatsanwaltschaft zu folgen, wäre eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen.

Der Fall in Höxter-Bosseborn war im Frühjahr 2016 durch eine Autopanne der Angeklagten ans Licht gekommen. Im Wagen des Paares wurde die schwer verletzte Susanne F. entdeckt. Sie starb später im Krankenhaus an den Folgen eines Schädelhirntraumas. Jahrelang sollen Wilfried W. und Angelika W. Frauen in ihr Haus gelockt und misshandelt haben. Ermittler fanden auf dem Gelände die Überreste von Anika W. Angelika W. soll ihre Leiche verbrannt haben.

Im Prozess ging es vor allem um die Frage, wer in dem Haus die treibende Kraft war. Das Paar beschuldigt sich gegenseitig, inhaltlich widersprechen sich beide Angeklagte in fast jedem Punkt. Angelika W. hatte vor Gericht gestanden, an den Misshandlungen beteiligt gewesen zu sein. Sie sei von Wilfried W. auch selbst geschlagen und gedemütigt worden. Er bestreitet dies und sagte im Prozess, seine Exfrau sei die treibende Kraft in den Fällen gewesen.

Gutachterin Nahlah Saimeh kam zu dem Schluss, dass Wilfried W. nur vermindert schuldfähig ist. Sein Verhalten und Auftreten erinnerten eher an ein Grundschulkind, sagte sie vor Gericht. Er habe nicht beantworten können, was eine Misshandlung überhaupt ist. Anders seine Exfrau. Der 49-Jährigen bescheinigte die Gutachterin zwar, dass sie unfähig sei, Mitleid zu empfinden. Zudem zeige sie Anzeichen von Autismus, sie sei aber überdurchschnittlich intelligent und voll schuldfähig. Nach Ansicht der Expertin bildete das Duo eine über Jahre gewachsene Einheit. Ohne den jeweils anderen hätte das System nicht funktioniert.

Als Nächstes folgen die Plädoyers der Nebenkläger. Es handelt sich dabei unter anderem um eine Frau, die vom Hof fliehen konnte sowie die Mutter der auf dem Hof verstorbenen Anika W.

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