Höhlenrettung in Thailand:Gerettet! Und jetzt?

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Nach der Rettung der zwölf Jugendlichen und ihres Trainers in Thailand sind noch viele Fragen offen. Die wichtigsten Antworten zum Höhlendrama und seinen Folgen.

Von Eva Casper, Oliver Klasen, Melanie Raidl und Marie Schiller

Es sind 17 Tage, die die Jugendlichen wohl bis an ihr Lebensende nicht vergessen werden. 17 Tage, in denen sie gefangen waren in der Finsternis und nicht wussten, ob sie es jemals ins Freie schaffen würden. Tage, in denen die Welt Anteil nahm an ihrem Schicksal und jeden Schritt der Rettungsarbeiten gebannt verfolgte. Inzwischen sind alle Mitglieder der Jugendfußballmannschaft und ihr Trainer aus der thailändischen Höhle geborgen worden. Doch wie geht es jetzt weiter? Wer kümmert sich um die Jungen? Wie geht es den Rettern und dem Trainer? Welche Konsequenzen ziehen die Behörden? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie geht es den Geretteten?

Die zwölf Jugendlichen im Alter von elf bis 16 Jahren und ihr 25-jähriger Trainer befinden sich derzeit im Krankenhaus. Nach Aussage der Ärzte haben sie an Gewicht verloren, die Strapazen insgesamt aber gut überstanden. "Alle von ihnen sind bei guter körperlicher Gesundheit, ohne Fieber oder schwere Infektionen. Nur drei von ihnen haben leichte Lungenentzündungen", sagte Amtsarzt Thongchai Lertvilairattanapong. Die Gruppe ist derzeit in Quarantäne, voraussichtlich wird sie noch eine Woche im Krankenhaus bleiben müssen. Ärzte befürchten, dass das Immunsystem der Jugendlichen geschwächt ist und selbst harmlose Schnupfenviren zu einer Gefahr werden könnten. Die Mediziner wollen auch abwarten, ob die Jugendlichen auf Keime im Höhlenwasser mit Symptomen reagieren.

Wann dürfen die Jugendlichen zu ihren Familien?

Einige Eltern, so berichtet der Guardian, dürfen ihre Kinder nun besuchen. In die Arme schließen allerdings nicht. Sie müssen Schutzanzüge tragen und etwa zwei Meter Abstand halten. Derzeit ist noch unklar, wie die Jungen die Extremsituation psychisch verarbeitet haben. Die Helfer und Ärzte betonten, wie stark und tapfer die Jugendlichen gewesen seien. Sie befänden sich "in einem guten mentalen Zustand", so der Amtsarzt. Ängste, Panik und Stress, das wissen Experten, können auch lange Zeit nach einem traumatischen Erlebnis noch auftreten. Andererseits waren die Jungen nie allein, konnten sich gegenseitig stützen und haben den gefährlichen Weg aus der Höhle gemeistert. All das dürfte sie bestärkt haben.

Wie geht es den Rettern?

Insgesamt 90 Taucher - 40 aus Thailand und 50 aus anderen Ländern - waren an der Mission beteiligt. Die meisten von ihnen haben sich am Dienstag auf den Heimweg gemacht. Nur einige wenige sind noch in der Höhle, um Ordnung zu schaffen. Einer der Retter hat den Einsatz nicht überlebt, er starb vergangenen Freitag, als er die Rettung vorbereitete. Auch der Deutsche Nick Vollmar war dabei. Er hat Pressluftflaschen entlang der Strecke deponiert und Leinen verlegt. Seit Samstag ist er wieder zurück in Zirndorf in Bayern. "Das ist keine Höhle, die man betaucht, wenn einem das eigene Leben lieb ist", sagt er in einem Interview mit der Main-Post.

Wie steht die thailändische Öffentlichkeit zu dem Trainer?

Trainer Ekapol "Ekk" Chantawong war nach der Rettung besonders geschwächt. Er hatte während der mehr als zwei Wochen in der Höhle von allen am wenigsten gegessen und getrunken, überließ seine Ration den Kindern, so erzählen es die Rettungskräfte. Vor Jahren wurde er buddhistischer Mönch, mit Disziplin kennt er sich aus. Und er schrieb noch aus der Höhle einen Entschuldigungsbrief an die Eltern der Jungen, den er den ersten Rettungstauchern auf den Weg gab. Schließlich war er derjenige, der die Kinder in die Höhle führte. Böse ist ihm deshalb niemand. Auch die Eltern schickten über die Taucher eine Botschaft. "Bitte habe kein schlechtes Gewissen", schrieben sie und ließen durchblicken, dass sie ihm ihre Kinder auch bei künftigen Ausflügen anvertrauen würden. Ob der 25-Jährige jedoch zur Verantwortung gezogen wird, ob er etwa wegen grober Fahrlässigkeit angeklagt wird, ist noch unklar. Der Polizeichef in Mae Sai schweigt dazu. "Wir werden den Fall untersuchen", sagte er. Wie die New York Times berichtet, soll dies auch nicht der erste Ausflug mit dem Fahrrad zu der Höhle gewesen sein. Die Mannschaft sei schon öfter im Dschungel unterwegs gewesen.

Welche Konsequenzen ziehen die Behörden?

"Wir sind nicht sicher, ob das ein Wunder ist, Wissenschaft oder was auch immer", schrieben die Thai Navy Seals, jene Marinespezialeinheit, die für die Rettung der Jungen verantwortlich war, kurz nach Ende des Einsatzes auf Facebook. Im ganzen Land wird die Truppe nun gefeiert. Genauso wie Gouverneur Narongsak Osatanakorn. Er ist das Gesicht der Retter. Er leitete nicht nur die Einsatztruppen, sondern er war auch derjenige, der die Weltöffentlichkeit über den Fortgang der Mission unterrichtete. Eigentlich war er, wie thailändische Medien berichten, degradiert und in eine andere Provinz strafversetzt worden. Nachdem es Proteste aus der Bevölkerung gab, durfte er zwar nicht sein Amt behalten, aber immerhin die Rettungsarbeiten zum Abschluss bringen. Doch in all die Heldengeschichten mischen sich auch kritische Stimmen. Es wird deutlich, dass die Tham-Luang-Höhle nur unzureichend gesichert war. Sogar der Premierminister hat sich in dieser Angelegenheit zu Wort gemeldet. Man müsse die Höhle künftig besser sichern, die Eingänge überwachen und Lampen installieren. "Es ist eine gefährliche Höhle", sagte Prayuth Chan-ocha. Seine Sätze lassen sich indirekt als Kritik an der thailändischen Tourismusbehörde auffassen. Die sieht die Höhle nämlich als Attraktion, die Thailand viele Gäste bringen könnte. Fast die ganze Welt kennt sie ja jetzt.

© SZ vom 12.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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