Unwetter:„Sehr viel menschliches Leid“

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Wiener Feuerwehrmänner ziehen ein leeres Autowrack aus dem Wienfluss. Der Regen hat in Österreich nachgelassen, doch es drohen weiterhin Dammbrüche und Erdrutsche, bisher zählten die Behörden fünf Todesopfer. (Foto: dpa)

Während Deutschland sich noch auf das Hochwasser vorbereitet, kämpfen die Menschen in Mittel- und Osteuropa weiter mit den Fluten. Die Lage bleibt gefährlich, mindestens 19 Menschen sind umgekommen, ganze Landstriche verwüstet. Ein Überblick.

Die Hochwasserlage in Mittel- und Osteuropa bleibt stark angespannt. In vielen Regionen dürfte es Tage dauern, bis das Wasser abschwillt. Während Deutschland sich noch vorbereitet auf die Fluten, die aus seinen Nachbarländern kommen, kämpfen von Polen über Tschechien bis Österreich Tausende Einsatzkräfte gegen das Wasser. Mindestens 19 Menschen sind bislang umgekommen, Behörden befürchten, dass die Zahl weiterhin steigen wird. Ein Überblick.

In Österreich haben Rettungskräfte ein fünftes Todesopfer geborgen. Die 81-jährige Frau wurde am Dienstag in ihrem überschwemmten Haus in Würmla in Niederösterreich entdeckt. Damit steigt die Zahl der Hochwasser-Toten im Land auf fünf. In einem Fall ist die genaue Todesursache allerdings unklar. Im Osten Österreichs hatte viertägiger Dauerregen weite Landstriche unter Wasser gesetzt. An vielen Messstationen fiel binnen kurzer Zeit ein Mehrfaches der sonst im ganzen September üblichen Regenmenge. Der Regen hat inzwischen aufgehört, doch es drohen weiterhin Dammbrüche und Erdrutsche. Viele Menschen seien noch ohne Strom, sagte Niederösterreichs Ministerpräsidentin Johanna Mikl-Leitner. Die Aufräumarbeiten würden zum Teil Monate dauern. Es gebe „sehr viel menschliches Leid, sehr viel finanzielles Leid“, sagte die ÖVP-Politikerin. In Niederösterreich seien noch 271 Straßen gesperrt, 26 Gemeinden seien auf dem Landweg nicht erreichbar. Insgesamt 33 000 Helfer sind im Einsatz.

Ein Polizeihubschrauber wirft bei der Stadt Nysa in Südpolen Sandsäcke ab. Tausende Bürger halfen dabei, ein gefährliches Loch in einem Deich zu stopfen. Und retteten damit wohl ihre Stadt vor den Wassermassen. (Foto: Maciej Krysinski/KG PSP/dpa)

In Polen hat das Hochwasser vor allem den Südwesten fest im Griff. Dort haben Tausende Bürger in der Nacht auf Dienstag ihre Stadt vor den Wassermassen des Flusses Glatzer Neiße gerettet: In Nysa (Neiße), einer Kleinstadt etwa 90 Kilometer südlich von Wrocław (Breslau), halfen die Bewohner Soldaten und Feuerwehrleuten dabei, ein Loch in einem Deich zu flicken, der das Stadtzentrum schützt. Hubschrauber warfen Säcke mit Füllmaterial ab, am Ende hielt der Deich. „Nysa wurde vor dem Schlimmsten bewahrt“, sagte die Chefin der Gebietsadministration, Monika Jurek, nach Angaben der Nachrichtenagentur PAP. Mittlerweile gehe der Wasserstand in der Glatzer Neiße zurück. Die Stadt Breslau wiederum bereitet sich auf eine Hochwasserwelle in der Oder vor, die Donnerstag oder Freitag ankommen soll. Der örtliche Zoo hat auf Facebook Bürgerinnen und Bürger um Hilfe gebeten: „Wenn ihr die Möglichkeit und freie Hände zum Arbeiten habt, dann helft uns bitte, Sand in Säcke zu füllen.“ Die polnische Regierung versprach Flutopfern finanzielle Soforthilfen von umgerechnet etwa 2300 Euro. Außerdem will sie gegen Plünderer vorgehen: In den Flutgebieten seien vermehrt Diebstähle angezeigt worden.

Ein Mann in Oderberg in Tschechien trägt am Dienstag seinen Hund durch überschwemmtes Gebiet. Vor allem der Osten des Landes ist betroffen. (Foto: Darko Bandic/dpa)

In Tschechien gilt an zahlreichen Pegel-Messstationen immer noch die höchste Hochwasser-Alarmstufe. Vor allem der Osten ist betroffen, Strom- und Mobilfunknetze sind vielerorts ausgefallen. Im nordböhmischen Ústí nad Labem (Aussig an der Elbe) nahe der Grenze zu Sachsen erreicht die Elbe ihre Scheitelwelle am Dienstagabend. In Südböhmen droht der sechs Quadratkilometer große Rosenberg-Fischteich überzulaufen. Der nationale Versicherungsverband rechnet mit versicherten Flutschäden von etwa 670 Millionen Euro, die Hälfte davon entfalle auf Privathaushalte. Trotz der Katastrophe sollen die Regionalwahlen wie geplant am Freitag und Samstag stattfinden. Unter anderem der Bürgermeister der von den Fluten stark getroffenen Stadt Opava (Troppau) in Mährisch-Schlesien hatte dafür plädiert, die Wahlen zu verschieben. Doch die liberalkonservative Regierung in Prag entschied sich dagegen und führte als Grund an, dass die Legitimität der verschobenen Wahlen vor Gericht angefochten werden könnte. Gewählt werden die Vertreter in den Versammlungen der 13 Verwaltungsregionen mit Ausnahme der Hauptstadt Prag. Neben den Regionalwahlen finden in einem Teil der Wahlbezirke außerdem Ergänzungswahlen zum Senat statt. Zahlreiche Schulen, die normalerweise als Wahllokale dienen, stehen unter Wasser.

Zwei Helfer retten am vergangenen Samstag eine Frau vor dem Hochwasser im Distrikt Galați in Rumänien. Die Fluten haben Menschen vor allem in entlegenen Dörfern eingeschlossen. (Foto: dpa)

In Rumänien haben die Überschwemmungen vor allem entlegene Dörfer im Osten erfasst. 6000 Häuser sollen betroffen sein. Tausende Menschen haben ihren Besitz an die Fluten verloren. Doch es sind Aufräumarbeiten in Gange: 1000 Feuerwehrleute pumpen Wasser ab und beseitigen Schlamm, ihnen helfen Hunderte Soldaten. Es sollen sogar Strafgefangene aus dem Hochsicherheitsgefängnis der Stadt Galați zum Helfen herangezogen werden.

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