Hochwasser - Mainz:Hilfsfonds in Auszahlung: "große Fortschritte" bei Aufbau

Deutschland
Meterhoch türmt sich Schrott an einer Brücke über die Ahr in Altenahr-Kreuzberg. Foto: Boris Roessler/dpa/Archiv (Foto: dpa)

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Mainz (dpa/lrs) - Drei Monate nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz werden mittlerweile die ersten Gelder aus dem Bund-Länder-Hilfsfonds ausgezahlt. In einer Mitteilung der Staatskanzlei in Mainz vom Dienstag hieß es mit Verweis auf das Finanzministerium, es seien insgesamt 9550 Anträge zur Wiederaufbauhilfe bei der Investitions- und Strukturbank (ISB) Rheinland-Pfalz gestellt worden. 2175 Anträge hätten das Verfahren komplett durchlaufen, fast 300 Anträge auf Hausrat mit einem Volumen von vier Millionen Euro seien bewilligt und "nun in der Auszahlung".

Hilfen aus dem milliardenschweren Bund-Länder-Fonds für Flutopfer können seit Ende September und noch bis Ende Juni 2023 gestellt werden. Insgesamt umfasst der Hilfsfonds 30 Milliarden Euro für Flutopfer in Deutschland, gut die Hälfte ist für Rheinland-Pfalz gedacht. Dort sind 65.000 Bürger betroffen, darunter mehr als 40.000 im Ahrtal.

"Drei Monate nach der schrecklichen Flutkatastrophe sind erste positive Zeichen erkennbar", sagten Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), Klimaschutzministerin Anne Spiegel (Grüne) und Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) nach einer Mitteilung. "Die erste Zeit nach der Katastrophe war geprägt von dem furchtbaren Leid und den gigantischen Zerstörungen, aber auch von einer Welle der Hilfsbereitschaft, die es so noch nicht in unserem Land gegeben hat."

Neben den von Bund und Ländern zur Verfügung gestellten Hilfsgeldern habe die außergewöhnliche Hilfs- und Spendenbereitschaft maßgeblich mit dazu beigetragen, dass enorme Kräfte für den Aufbau der Region mobilisiert werden konnten. "Schutt wurde weggeschafft, Notbrücken erstellt, die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln gesichert, die Abwassersysteme wurden wieder aufgebaut, die Region ist wieder erreichbar und wir können ihren Aufbau und ihre Zukunft nun mit ganzer Kraft in den Blick nehmen", betonten die drei Politikerinnen. Rund 90 Tage nach der Flutkatastrophe seien Schmerz und Leid zwar noch präsent, aber es gebe auch zunehmend Hoffnung und Zuversicht.

Mit Blick auf Geld aus dem Bund-Länder-Hilfsfonds hatte Spiegel zuvor im SWR von 8300 gestellten Anträgen gesprochen, von denen 2000 bewilligt seien. Hilfen für zerstörten Hausrat könnten deutlich schneller genehmigt werden als für ein ganzes Gebäude oder Grundstück, erklärte Spiegel. Mit Blick auf den Winter stehe derzeit der Wiederaufbau des Heizungsnetzes im Vordergrund, sagte die Ministerin. So würden zerstörte Erdgasleitungen repariert und mobile Erdgastanks aufgebaut. Ziel sei, "dass kein einziger Haushalt kalt über Herbst und Winter kommen muss".

Laut Staatskanzlei wurden etwa in Mayschoß drei mobile Heizzentralen und in Müsch sieben Heizzentralen in Betrieb genommen. Auch mehr als 80 Einzelöfen seien aufgestellt worden. Beseitigt wurde mittlerweile auch jede Menge Unrat. Nach Angaben der Staatskanzlei wurden inzwischen mehr als 300.000 Tonnen Sperrmüll aus dem Ahrtal weggefahren - eine Menge, die dort üblicherweise in 35 Jahren zusammenkommt. Beim weiteren Wiederaufbau müsse die Nachhaltigkeit in den Vordergrund gerückt werden, sagte Spiegel. "Langfristig geht es darum, dass wir kommunale Nahwärmenetze stärken in Kombination mit Pelletheizungen und Photovoltaik."

Arbeitnehmer dürfen für den Wiederaufbau im Ahrtal und der Großregion Trier ab sofort auch an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden. Die Ausnahmen im Arbeitszeitgesetz wurden von der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord mit sofortiger Wirkung beschlossen, wie die SGD Nord in Koblenz am Mittwoch mitteilte. Die Verfügung ist bis zum 23. Dezember befristet und gilt für Arbeiten zur Hilfeleistung und Beseitigung der Unwetterschäden. Dazu zählen etwa die Wiederherstellung von Infrastruktur, die Entsorgung von Abfall sowie die Restaurierung und Sanierung von Gebäuden. Die Ausnahmeregelung gilt für die betroffenen Landkreise Ahrweiler, Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm, Trier-Saarburg, Vulkaneifel und für die kreisfreie Stadt Trier. 

Der Regelung zufolge haben Arbeitnehmer das Recht auf einen Ersatzruhetag innerhalb von acht Wochen. Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen zudem arbeitsfrei bleiben. Wegen der starken körperlichen und psychischen Belastungen durch die Arbeit in Hochwassergebieten sollen Beschäftigte möglichst lange Erholungszeiten zur Verfügung gestellt bekommen, hieß es. Minderjährige sind von der Regelung ausgenommen, sie fallen weiterhin unter das Jugendarbeitsschutzgesetz. Für Schwangere und Stillende gilt das Mutterschutzgesetz.

© dpa-infocom, dpa:211013-99-580467/5

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