Hochwasser in Pakistan:Regierung ruft höchste Alarmstufe aus

Die Lage in Pakistans Hochwassergebieten wird immer dramatischer. In ihrer Verzweiflung klammern sich Menschen an Hubschrauber. Die Nato bereitet sich auf Katastrophenhilfe vor. Und Präsident Zardari steht hart in der Kritik.

Die Lage in den Hochwassergebieten in Pakistan wird immer verzweifelter. Schwere Regenfälle behindern weiterhin die Rettungsarbeiten. Zudem werden noch mehr Niederschläge erwartet, die weitere Häuser zerstören und Getreidefelder vernichten könnten. "Es wird schlimmer. Es regnet wieder. Das behindert unsere Rettungsarbeiten", sagte Amjad Jamal vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen.

A bulldozer carries flood victims to a near by rooftop in Muzaffargarh district of Pakistan's Punjab province

Ein Bulldozer bringt Flutopfer in der pakistanischen Region Punjab vor dem Hochwasser in Sicherheit. Mehr als 12 Millionen Menschen sind bereits von der Naturkatastrophe betroffen.

(Foto: REUTERS)

Mehr als 1600 Menschen sind bislang in den Fluten umgekommen. Zwölf bis 15 Millionen Pakistaner sind direkt von der Naturkatastrophe betroffen, die vor allem der Landwirtschaft schweren Schaden zugefügt hat. Nach Angaben der pakistanischen Katastrophenschutzbehörde sind allein in der zentralpakistanischen Provinz Punjab und in der nordwestlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa zwölf Millionen Menschen von den Überschwemmungen betroffen. In der Provinz Sindh und anderen südlichen Gebieten seien knapp drei Millionen Menschen in Not, teilten die örtlichen Behörden mit.

Im Kampf gegen die Folgen der Überschwemmungen hat Pakistan zudem die Nato um Hilfe gebeten. Nach Angaben der Organisation in Brüssel hat der Nato-Rat ein spezielles Koordinationszentrum des Bündnisses für Katastrophenhilfe beauftragt, sich um Hilfe für Pakistan zu kümmern. Vor allem werde es dabei darum gehen, den Lufttransport von Hilfsgütern und Rettungsmaterial zu organisieren.

Das Hochwasser erstreckt sich mittlerweile über ein 1000 Kilometer langes Gebiet. Es reicht vom Norden über die fruchtbare Provinz Punjab bis in die südliche Region Sindh mit der Wirtschaftsmetropole Karatschi. Für mindestens vier Bezirke der Provinz Sindh wurde höchste Alarmbereitschaft ausgerufen. In der Stadt Muzzaffargarh, in deren Nähe sich Flüsse, die aus weit entfernten Regionen in Afghanistan und Indien gespeist werden, mit dem Indus vereinen, klammerten sich verzweifelte Menschen an die Kufen startender Hubschrauber. Die Armee hatte die Menschen, die auf einen höher gelegenen Friedhof geflohen waren, mit Reis versorgt.

Hochwasseropfer: Präsident hat uns im Stich gelassen

Kritik wurde an Präsident Asif Ali Zardari laut, weil er sich auf Staatsbesuch in Großbritannien aufhielt. Die Opfer des schwersten Hochwassers seit 80 Jahren werfen ihrem Präsidenten vor, sie im Stich zu lassen. Der Staatschef wies die Kritik an seiner Auslandsreise nach Europa zurück. Ministerpräsident Yusuf Raza Gilani sei in der Lage, mit den Problemen fertig zu werden, erklärte Zardari. Nach einem Treffen mit dem britischen Premierminister David Cameron in London sagte Zardari: "Stürme kommen, Stürme gehen und Pakistan und Großbritannien werden zusammenstehen." Zardari, der bereits wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck geraten war, wollte die pakistanische Gemeinde in Großbritannien um Hilfe für die Flutopfer bitten.

Auch in Indien behinderten starke Regenfällle die Rettungsarbeiten. Mindestens 113 Menschen sind bislang ums Leben gekommen, Dutzende werden vermisst. Betroffen könnten auch ausländische Touristen sein, warnte das Außenministerium. Viele kommen für Sportarten wie Wildwasser-Kanufahren in die Region. Mehr als 6000 indische Soldaten halfen bei der Suche und Bergung von Überlebenden. Durch den Regen hatten sich etwa in der Stadt Leh Schlammlawinen gelöst, die auf Häuser und Telefonmasten stürzten und Teile einer wichtigen Autobahn wegspülten.

Der Direktor des UN-Welternährungsprogramms in Pakistan, Wolfgang Herbinger, warnte vor einer weiteren Destabilisierung des Landes: "Je verzweifelter die Menschen sind, um so anfälliger sind sie für Versprechungen von Extremisten." Die internationale Gemeinschaft könne zu einer besseren Sicherheitslage beitragen, indem sie beim Wiederaufbau helfe.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: