Nach der Flut ist vor dem Dreck - ist vor der Mückenplage. Als hätten die Hochwasseropfer im Süden und Osten der Bundesrepublik nicht schon genug Ärger, könnte ihnen auch noch eine Insektenpest drohen. Denn stehendes Wasser und steigende Temperaturen sind die idealen Brutbedingungen für Stechmücken.
"Mücken vermehren sich in Brackwasser", sagt Bärbel Holl vom Verein zur Förderung ökologischer Schädlingsbekämpfung (VFöS). Schon eine verschmutzte Wasserlache in einem alten Eimer reiche aus, um Hunderte der stechenden Insekten hervorzubringen. Umso größere Gefahr dürfte demnächst von feuchten Senken in den betroffenen Hochwasserregionen ausgehen.
Doch nur falls die Temperaturen steigen. Biologe Norbert Becker sagt: "Wenn es zum Beispiel jetzt nach wie vor sehr kalt bleibt, dann sind die nicht stechlustig und auch nicht fluglustig." Werde es hingegen warm, "dann kann man schon sagen, dass die sich sehr stark bemerkbar machen" - und in manchen Bereichen zur Plage würden. Becker spricht von Überschwemmungsmücken, von denen an Elbe, Oder, Donau, Rhein und anderen Flüssen die größte Gefahr ausgehe.
Die Weibchen der Insekten legen ihre Eier in den feuchten Senken der Auen ab. Werden sie bei einem Hochwasser überspült, schlüpfen die Larven, aus denen sich binnen einiger Tagen Mücken entwickeln. "Man kann davon ausgehen, dass es überall dort, wo es zu massiven Überschwemmungen gekommen ist und wo Auenbereiche da sind, oder auch Wiesen, die überschwemmt sind, zu Mückenplagen kommt", sagt Becker. Der Biologe ist wissenschaftlicher Direktor der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) in Waldsee in Rheinland-Pfalz.
Blutmahlzeit vor der Eiablage
Innerhalb der nächsten ein bis zwei Wochen könnten die Insekten schlüpfen und die Bewohner der Flutgebiete die Plage zu spüren bekommen. Zuvor müssten sich die Mücken paaren und die Weibchen eine Blutmahlzeit zu sich nehmen, erläutert Becker. "Ohne Blut können sie keine Eier entwickeln."
Doch was tun gegen die juckende Plage?
Schädlingsbekämpferin Holl empfiehlt, als erstes Fliegengitter an allen Fenstern anzubringen. Außerdem rät sie, als Schutz vor der Mückenplage unter einem Moskitonetz zu schlafen. Das sei in nordeuropäischen Regionen, die regelmäßig von großen Mückenscharen heimgesucht werden, gang und gäbe.
Nur ein paar Stunden wirksam, aber dennoch sinnvoll sind Holl zufolge auch Insektenabwehrmittel zum Auftragen auf die Haut. Denn Stechmücken werden vom Geruch des menschlichen Körpers besonders angezogen. Aus diesem Grund hält sie es auch für wenig sinnvoll, nur im Dunklen zu lüften. Licht ziehe zwar fliegende Insekten an, aber Mücken würden ihre Opfer anhand des Geruchs auch ohne Beleuchtung finden. Holl sieht jedoch wenig Chancen, dass der Einzelne der Mückenplage Herr werden kann.
Die kommunale Aktionsgemeinschaft Kabs bekämpft die Tiere großflächig - vom Hubschrauber oder Boden aus mit einer Eiweißmischung. Diese wird von den Larven gefressen und zersetzt ihren Darm und sie sterben. Am Oberrhein sind die Mückenbekämpfer schon vermehrt im Einsatz. Andernorts - etwa an der Elbe - sei das noch kein Thema, sagt Kabs-Direktor Becker. Dort fehlten Erfahrung und Mitarbeiter für solche Einsätze, weil Hochwasser - im Gegensatz zum Rheingebiet - vergleichsweise selten seien.