Hilfe nach der Überschwemmung:SPD fordert Milliardenfonds für Flutopfer

Hochwasser Sachsen-Anhalt - Bitterfeld

In Bitterfeld wurde bereits die Hälfte der 4000 Einwohner evakuiert. Noch hält der Deich dem Wasser stand.

(Foto: dpa)

Die Flut hat Deutschland weiter fest im Griff. An Donau und Saale sinken die Pegel, doch das Wasser fließt nicht schnell genug ab. Tausende Helfer kämpfen darum, die aufgeweichten Dämme zu verstärken und weitere Deichbrüche zu verhindern. Andernorts bleibt den Menschen nur banges Warten. Politiker überbieten sich mit Hilfszusagen - und fordern eine weitere Verbesserung des Hochwasserschutzes.

Die katastrophale Hochwasserlage hält weite Teile Ost- und Süddeutschlands weiterhin in Atem. Angesichts durchweichter Deiche und überfluteter Ortschaften an der Elbe, der Donau und deren Nebenflüssen haben die Behörden in Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg und Bayern auch an diesem Donnerstag wieder Tausende Menschen in Sicherheit gebracht.

Besonders kritisch ist die Lage in Halle. Hier droht ein Deich an der Saale zu brechen. Sollte es so weit kommen, würde der Stadtteil Halle-Neustadt mit 30.000 Bewohnern überflutet. Etwa 1000 Menschen mussten ihre Häuser bereits verlassen. Weitere könnten folgen. "Die Deiche sind aufgeweicht", erklärte Oberbürgermeister Bernd Wiegend (parteilos). Die Situation in der Stadt sei "äußerst angespannt".

In Dresden erreichte der Elbe-Pegel am Donnerstag seinen Höhepunkt, wird jedoch vorraussichtlich länger auf extremem Niveau bleiben. Mehrere Straßenzüge wurden von den Einsatzkräften evakuiert. Etwa 9000 Haushalte waren ohne Strom.

Vom Hochwasser stark betroffen ist auch die Stadt Bitterfeld im brandenburgischen Mühlberg. Mehr als die Hälfte der 4000 Einwohner wurden wegen des drohenden Hochwassers und vollgelaufener Wasserspeicher aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen.

Auch in den bayerischen Hochwasserzonen an der Donau bleibt die Lage extrem angespannt - obwohl die Pegel hier schon wieder sinken. Doch das Wasser fließt zu langsam ab. Im Landkreis Deggendorf, wo mehrere Dörfer komplett überflutet sind, drohen erneute Dammbrüche. Hier war bereits am Dienstag ein Deich auf mehreren Metern Länge gebrochen. Eine Fläche so groß wie der Tegernsee steht unter Wasser.

Opposition fordert Hilfsfonds wie 2002

Angesichts der dramatischen Schäden durch das Hochwasser forderte die SPD einen Hilfsfonds ähnlich wie nach der Jahrhundertflut von 2002. "Dieser Hilfsfonds wird mit mehreren Milliarden Euro ausgestattet sein müssen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann. Nach der Flut 2002 hatten Bund und Länder gemeinsam einen "Aufbaufonds" mit einem Gesamtvolumen von 7,1 Milliarden Euro gebildet.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte im Bundestag längerfristige Hilfen der Bundesregierung an. "Wir werden über die Sofortmaßnahmen hinaus mit den Ländern alles Notwendige tun, um bei der längerfristigen Bewältigung der Flutfolgen solidarisch zu helfen." Der Bund sagte bislang 100 Millionen Euro Soforthilfe für Flutgeschädigte sowie Sonderkredite der staatlichen Förderbank KfW für Unternehmen im Umfang von 100 Millionen Euro zu. Die Länder brachten eigene Soforthilfen auf den Weg.

Bundeskanzlerin Merkel bekräftigte bei ihrem Besuch in Bitterfeld Schäubles Ankündigung für weitere langfristige Bundeshilfen. Zunächst gelte es eine "Analyse der Gesamtschäden" abzuwarten, sagte sie. "Dann wird man da natürlich weiter helfen. Wir werden das Unsrige tun."

Ende der Flutnachrichten auch am Wochenende nicht in Sicht

Die Fluten beeinträchtigen zunehmend auch den Fernverkehr. Die Deutsche Bahn sperrte am Donnerstag eine ICE-Strecke in Sachsen-Anhalt. In Bayern sind mehrere Autobahnen bei Deggendorf überflutet. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums waren in den diversen Hochwassergebieten 85.000 Einsatzkräfte von Feuerwehren, Technischem Hilfswerk, Bundeswehr und weiteren Organisationen im Einsatz. Hinzu kamen Tausende freiwillige Helfer.

Ein Ende der Flutnachrichten ist auch am Wochenende nicht in Sicht - Schleswig-Holstein erwartet einen neuen Höchststand der Elbe für Mitte nächster Woche. Nach Angaben der Hochwasservorhersagezentrale in Magdeburg wird für kommenden Donnerstag in Lauenburg ein Pegelstand von 9,75 Meter erwartet. Dieser Wert, der rund einen halben Meter über dem bisherigen Höchststand von 2011 liegt, war ursprünglich schon für dieses Wochenende erwartet worden. Dennoch halte der Krisenstab des Kreises zunächst an der Anordnung fest, wonach die Bewohner der Unterstadt am Freitag ihre Häuser verlassen müssen, sagte ein Kreissprecher.

Der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck (Grüne), forderte weitere Investitionen in den Hochwasserschutz: "Wir müssen eine Antwort auf die immer häufigeren und immer höheren Hochwasser finden. Wir können nicht immer weiter gegen die Natur bauen. Jetzt gilt es zuerst, Schäden von den Menschen fernzuhalten. Wenn es überstanden ist, werden wir notwendige Lösungen in Absprache mit den anderen Ländern suchen", sagte Habeck.

Auch die Umweltminister von Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen, Till Backhaus (SPD) und Stefan Wenzel (Grüne), halten eine weitere Verstärkung der Deichsysteme angesichts des dritten großen Elbehochwassers innerhalb eines Jahrzehnts für unumgänglich.

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