Hochwasser im Osten:"Hier kommt eine Naturgewalt"

Sorge in Brandenburg: Während die Flut auf das Land zurollt, kündigt sich neuer Dauerregen an. Weiter südlich entspannt sich die Lage zunächst.

Die einen räumen bereits auf, die anderen bangen um ihr Hab und Gut: Während das verheerende Hochwasser am Montag im Dreiländereck von Deutschland, Polen und Tschechien langsam zurückging, rollt die Hochwasserwelle nach Norden.

Floods After Heavy Rains At German-Polish Border

Kurze Verschnaufpause: Seit Tagen versuchen Helfer in Sachsen und Brandenburg die Orte vor dem Hochwasser zu schützen. Ein Ende ist noch nicht in Sicht.

(Foto: Getty Images)

Am Montag kam der Scheitel der Neiße im sächsischen Bad Muskau an. Ein Teil des Fürst-Pückler-Parkes, der zum Unesco-Welterbe gehört, stand unter Wasser. Zwei vor Bad Muskau liegende Dörfer wurden überflutet, die Deiche brachen unter dem Druck des Hochwassers. Etwa 80 Menschen wurden in Sicherheit gebracht.

In Brandenburg trafen die Behörden Vorsorge gegen das Hochwasser von Spree und Neiße. An der Lausitzer Neiße wurde am Montag die höchste Alarmstufe 4 ausgerufen. Dort stieg das Wasser schneller als zunächst gedacht. In Cottbus an der Spree tagte ein Krisenstab. Die Stadt orderte 200.000 Sandsäcke. "Hier kommt eine Naturgewalt auf uns zu, deren Auswirkungen man nicht genau abschätzen kann", sagte ein Sprecher. Denn in den deutschen Hochwassergebieten gibt es nur kurze Entspannung. Am Freitag ist neuer Dauerregen in Sicht. "Und es sieht so aus, als würde es wieder den Süden und Südosten treffen", sagte Meteorologe Robert Scholz vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach am Montag. Ob es so schlimm wird wie am vergangenen Wochenende, war aber noch nicht klar.

In Polen und Tschechien liefen die Aufräumarbeiten auf Hochtouren. In Polen stellten die Behörden zehn Millionen Euro als Hilfe für die Flutopfer zur Verfügung. Dramatisch blieb die Lage in der Stadt Bogatynia an der Grenze zu Sachsen. Nur dank einer Luftbrücke kann die 18.000-Einwohner-Stadt im Dreiländereck von Polen, Deutschland und Tschechien überleben. Militär-Hubschrauber bringen in die von der Außenwelt fast vollständig abgeschnittene Stadt Lebensmittel, Trinkwasser und andere Hilfsgüter, damit die eingeschlossenen Menschen die schlimmste Zeit überstehen. Der Bach Miedzianka, normalerweise ein harmloser Zufluss der Neiße, war am Samstag nach einem gewaltigen Starkregen plötzlich über die Ufer gestiegen und hatte den Ort überflutet. In der Gemeinde blieben am Montag immer noch rund 1200 Haushalte ohne Strom.

In Tschechien konnten die meisten Menschen wieder in ihre Häuser zurückkehren. Rund 900 Haushalte hatten aber noch keinen Strom, sechs Bahnlinien blieben gesperrt. Die Fluten hinterließen zahlreiche unterspülte Straßen, zerstörte Brücken und eingestürzte Häuser. So müssten etwa in der Ortschaft Hradek nad Nishu mindestens zehn Häuser abgerissen werden, sagte Bürgermeister Martin Puta. Die tschechische Regierung stellte 1,6 Millionen Euro Soforthilfe für die Region Liberec zur Verfügung. Dafür sollten Trinkwasser, Lebensmittel und Benzin gekauft werden, sagte Ministerpräsident Petr Necas. Allein die Schäden in der Region Liberec werden nach seinen Angaben auf 161 Millionen Euro geschätzt. Am Mittwoch will die tschechische Regierung weitere Millionenhilfen beschließen.

Beim schlimmsten Hochwasser seit 2002 waren am Wochenende im Dreiländereck mindestens neun Menschen ertrunken - drei davon in Sachsen. In Tschechien ist noch ein Mann vermisst. Auch in Polen gab es noch Vermisste. Welche Sachschäden die Fluten anrichteten, lasse sich erst in einigen Tagen abschätzen, hieß es bei den großen deutschen Versicherern.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte den Opfern Hilfe in Aussicht. Zunächst müsse man aber klären, wer versichert sei und wer nicht, sagte er bei einem Besuch am Montag in Bautzen. "Dann werden wir gemeinsam über Hilfe beraten."

Für Dresden stellt das steigende Hochwasser der Elbe bisher keine Gefahr dar. In der sächsischen Landeshauptstadt sind bereits zwei Fluttore installiert worden, die die historische Altstadt schützen sollen. "Nicht die langsam steigende Elbe, sondern die kleinen Flüsschen sind gefährlich, da sie in Sekunden zu reißenden Strömen werden", sagte ein Sprecher. Für die Flüsse Sachsen-Anhalts wurden keine dramatischen Hochwasserstände erwartet. In Bayern entspannte sich die Hochwasserlage. Die Pegel einiger oberbayerischer Binnengewässer waren aber noch immer sehr hoch. Auf der Donau konnten wegen des hohen Wasserstandes auf einigen Abschnitten keine Schiffe fahren.

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