Hochstapler:Prinz, Polizeidirektor und "Besitzer der Weltbank"

Sie haben Lebensläufe gefälscht und mit ihren Betrügereien teils beträchtliche Summen kassiert: Deutsche Hochstaplergeschichten - vom ungelernten Schönheitschirurgen bis zum falschen Scheich.

1 / 6

Der Schönheitschirurg

Laid-Off Workers Get Employment Tips And Free Botox Treatments

Quelle: AFP

Gegen Barzahlung hat ein 31-Jähriger aus Regensburg die Gesichter von mehr als 50 Menschen operiert und damit 63 000 Euro kassiert. Zwischen 2012 und 2014 behandelte er seine Patienten in Hannover und Regensburg mit Silikon und Botox. Und das ganz ohne medizinische Ausbildung. Jetzt ist er vom Landgericht Regensburg zu vier Jahren Haft verurteilt worden.

Der Mann hatte sich mit gefälschten Dokumenten und Urkunden einen medizinischen Werdegang gebastelt und sich im Internet als plastischer Chirurg ausgegeben. Grundlegendes Wissen über die Behandlung eignete er sich im Internet an, die Eingriffe testete er zunächst an seinem eigenen Gesicht.

"Wir haben es mit einem extrem manipulativen Angeklagten zu tun, der sein gesamtes Umfeld getäuscht hat", sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Nur so sei es zu erklären, dass so viele Menschen auf ihn hereingefallen seien.

Der Regensburger ist kein Einzelfall. In den vergangenen Jahren standen eine ganze Reihe Hochstapler vor Gericht. Die spektakulärsten Geschichten:

2 / 6

Der Prinz und Weltbankbesitzer

Schloßgarten von Weikersheim

Quelle: DPA-SZ

Irgendwann beschloss der Mann, eigentlich Maler von Beruf, dass ihm seine kleinbürgerliche Existenz nicht mehr genügte. Aus einer kleingewachsenen Gestalt mit hörbarem hessischen Dialekt wurde der "Prinz von Hohenlohe". Doch ein erschlichener Adelstitel reichte ihm nicht. Der Mann gab sich auch als "Funktionsträger der Nato", "Inhaber einer Goldmine in Ghana", "enger Vertrauter von Barack Obama" oder "Besitzer der Weltbank" aus.

Mithilfe gewandten Auftretens und manipulativer Fähigkeiten erbeutete er von seinen Opfern zwischen Juli und November 2011 mehr als 83 000 Euro. Der Trick: Der Hochstapler gauckelte seinen Geldgebern vor, er wolle eine Firma gründen und habe deshalb Goldreserven auf dem US-Army-Stützpunkt Fort Knox gebunkert. Allerdings benötige er vorübergehend noch mehr Geld. Zu einer Firmengründung kam es nie, der Angeklagte soll das Geld privat verbraucht haben.

Bei einem Opfer ging das Vertrauen so weit, dass der Betrüger bei ihm einzog. Als er merkte, dass es zwischen dem Geldgeber und dessen Ehefrau kriselte, diente sich der Hochstapler als Eheberater an und erreichte sogar, dass der Ehemann vorübergehend auszog. Die Ehefrau machte der vermeintliche Großunternehmer mit Drohungen gefügig, erpresste von ihr 20 000 Euro und vergewaltigte sie zweimal. Als die Tat aufflog, versuchte er, den Ehemann als Täter zu bezichtigen.

Selbst als die Polizei ihn festnahm, gab der Hochstapler nicht auf: Auf dem Revier erklärte er den Polizisten, er sei "Leitender Polizeidirektor mit vier Sternen" und Mitglied der Antiterroreinheit "GSG9".

Ein Gericht in baden-württembergischen Mosbach verurteilte den Mann im Januar 2014 zu elf Jahren Haft.

Im Bild: Der Stammsitz der echten Herren von Hohenlohe in Weikersheim

3 / 6

Die Lehrerin

Sachsens Schulen pflegen weltweit Kontakte

Quelle: dpa

Mehr als 20 Jahre unterrichtet sie, bevor alles auffliegt. Eine gelernte Krankenschwester narrte 20 Jahre lang Behörden, Kollegen, Eltern und Schüler an sechs verschiedenen Schulen in Deutschland mit gefälschten Diplomen. Sogar eine Promotion täuschte sie vor. Eine Vertreterin des Ministeriums sagte vor Gericht, inzwischen bezweifle sie sogar die Echtheit des vorgelegten Abiturzeugnisses der Frau aus Wismar.

Reich ist die Hochstaplerin mit ihren Lügen nicht geworden, stattdessen erfüllte sie sich einen Kindheitstraum: Sie habe schon als Mädchen Lehrerin werden wollen, erklärte die Frau vor Gericht. In der DDR machte sie eine Ausbildung als Krankenschwester und studierte anschließend tatsächlich Lehramt. Allerdings Deutsch und die als Propaganda geltende Staatsbürgerkunde. Nach der Wende versuchte sie ihre Vergangenheit auszulöschen, zog in den Norden und wurde Sozialkundelehrerein am Gymnasium.

Bei einigen Schülern war sie durchaus beliebt, hat die Zeit herausgefunden: Sie gab gute Noten, ihr Unterricht war nicht schwer.

Es gab immer wieder Verdachtsmomente, doch dann wechselte die falsche Lehrerin einfach Schule und Stadt und fing neu an. Bis ein Direktor misstrauisch wurde, weil die mangelnden Leistungen der Frau im krassen Gegensatz zu ihren guten Abschlüssen standen, und die Schulaufsicht einschaltete. Im Juni wurde sie vom Amtsgericht Kiel wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Sie muss nun in mehreren Bundesländern die erhaltenen Beamtenbezüge zurück zahlen.

4 / 6

Der Psychologe

Abgeplatzer Beton oder bunte Wiese - Tapeten sind jetzt Hingucker

Quelle: dpa-tmn

Auf ein gewisses Fachwissen konnte der Mann zurückgreifen - allerdings nicht in der Art, wie es seine Patienten wohl erwartet hätten: Ein verurteilter Drogenschmuggler hat am Niederrhein fast zwei Jahre lang eine Drogenklinik geleitet. Der 56-Jährige hatte die erforderlichen Dokumente gefälscht und sich als Doktor der Psychologie ausgegeben, um an den Posten zu kommen.

Die Funktionsweise einer Drogenklinik kannte er aus eigener Erfahrung. Früher selbst heroinabhängig, hatte der Mann zwei Entzugstherapien mitgemacht. Dann arbeitete er als Krankenpflegehelfer in einer anderen Einrichtung - bevor er sich um die Chefstelle bewarb.

Der Betrug flog auf, weil der Mann beim Autofahren in eine Polizeikontrolle geriet, bei der herauskam, dass er keinen Führerschein besaß. Als ein Verfahren gegen ihn eingeleitet wurde und die Klinikleitung davon erfuhr, ließ man sich das polizeiliche Führungszeugnis nachreichen, das auch die Vorstrafe wegen Drogenschmuggels auflistete.

Er wurde im Jahr 2010 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

5 / 6

Der Scheich

Global Arms Trade At IDEX Military Fair

Quelle: Bloomberg

Er gab sich mal als unehelicher Sohn Saddam Husseins aus, mal als Kind eines saudischen Scheichs - und als milliardenschwerer Investor: Ein Mann aus Baden-Württemberg hat in der Schweiz Geldbeträge im sechsstelligen Bereich ergaunert.

Seine Masche: Er erzählte von seinen Reichtümern, konkret von 700 Milliarden US-Dollar (umgerechnet etwa 637 Milliarden Euro), und von seinem Wunsch, in große Bauprojekte zu investieren. Nebenbei sprach er über die "arabische Gepflogenheit", Geldgeschenke zu überweisen. Ein Brauch, dem mehrere angesehene Unternehmer nachkamen - darunter bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Sport.

Sie ließen sich von gefälschten Dokumenten, guten Ortskenntnissen in Dubai und Informationen über das saudische Königshaus hinters Licht führen. Dass der "Scheich" bei Telefonaten mit der Heimat Deutsch sprach und kaum Tischmanieren hatte, fiel den Schweizern nicht als verdächtig auf. Wegen dieser Leichtgläubigkeit forderte der Verteidiger des 46-Jährigen eine niedrige Strafe.

Aufgeflogen war der Hochstapler, als seine Sekretärin, der er ein Gehalt von umgerechnet etwa 64 000 Euro versprochen hatte, Strafanzeige stellte. Im Mai 2012 verurteilte das Landgericht Rottweil den "Scheich" zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.

6 / 6

Der Postbote

Poststreik

Quelle: dpa

Alles beginnt im Jahr 1976, als der damals 17-Jährige in Bremen die Abschlussprüfung zum einfachen Postdienst mit der Note "gut" besteht, wie der Spiegel schrieb. Einige Monate arbeitet er tatsächlich als Briefzusteller, doch dann wechselt er das Metier: Er bewirbt sich bei einem psychiatrischen Krankenhaus als Arzt - und wird genommen, obwohl er nie ein Medizinstudium absolviert hat.

Über Jahre hinweg schafft er es, seine verschiedenen Arbeitgeber zu täuschen - mit gefälschter Approbationsurkunde und erfundenem Lebenslauf. Er praktiziert unter dem Fantasienamen Dr. Dr. Clemens Bartholdy als stellvertretender Amtsarzt in Flensburg, an der psychiatrischen Klinik der Uni Kiel, schließlich in den Neunzigerjahren als leitender Oberarzt im Maßregelvollzug in der Nähe von Leipzig.

Einmal wird er zufällig erwischt, weil er seinen Geldbeutel verliert und sich darin Ausweise mit zwei verschiedenen Namen finden. Er wird zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und selbst das hält ihn nicht davon ab, sich weiter als Arzt auszugeben. Das sichere Auftreten eines Mediziners eignet er sich über die Jahre an. So schöpft niemand Verdacht, wenn er Vorträge hält oder als Gutachter vor Gericht auftritt. Ein ehemaliger Bundesrichter lobt später in einem Vortrag sogar die Kompetenz des unerkannten Hochstaplers.

1998 wird der falsche Arzt verhaftet und ein Jahr später wegen mehrfachen Betruges und Urkundenfälschung zu vier Jahren Haft verurteilt. Nach Entlasssung veröffentlicht er ein Buch über seine Geschichte. Der Titel: Doktorspiele.

© SZ.de/feko/olkl/afis/rus
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: