Hitzewelle:Rom geht das Wasser aus - wegen undichter Leitungen

Hitzewelle: Ein trockener Brunnen auf dem Petersplatz in Rom. Im Hintergrund der Petersdom.

Ein trockener Brunnen auf dem Petersplatz in Rom. Im Hintergrund der Petersdom.

(Foto: AP)
  • Die Wasserknappheit in Rom wird immer dramatischer: Politiker sprechen von einer drohenden Umweltkatastrophe am Lago di Bracciano.
  • Der See versorgt 400 000 Römer mit Wasser und sein Pegel ist bereits stark gesunken.
  • 44 Prozent des Wassers in Italiens Hauptstadt gehen wegen maroder Leitungen verloren.

Von Stefan Ulrich

Das antike Rom wurde auch dank seiner genialen Wasserversorgung groß, schön und mächtig. Durch überirdische und unterirdische Aquädukte, die zum Teil noch heute benutzt werden, leiteten die Römer das Wasser von weit her in ihre Stadt, um die Bürger zu versorgen sowie all die Brunnen, Märkte, Thermen und Gartenanlagen.

In der Kaiserzeit verbrauchte Rom 13 Kubikmeter - pro Sekunde. Schon damals ging allerdings viel Wasser verloren, wegen undichter Leitungen und Verschwendung. Das Problem blieb über Jahrtausende erhalten und setzt den Römern in diesem Sommer nun derart zu, dass Politiker von einer "Tragödie" und einer drohenden "Umweltkatastrophe" am nahen Bracciano-See sprechen, aus dem viel Trinkwasser entnommen wird.

Das Versorgungsunternehmen Acea wollte bereits von dieser Woche an das Wasser in den Stadtvierteln abwechselnd für je acht Stunden am Tag abdrehen. Dies konnte im letzten Moment verhindert werden. Gelöst ist der Wassernotstand damit nicht. Im Gegenteil: Die Meteorologen kündigen die heißesten Tage des Jahres an. In Rom sollten die Temperaturen an diesem Mittwoch auf 41 Grad steigen, im oberitalienischen Ferrara auf 43 Grad.

Schon hat Papst Franziskus seine Brunnen auf dem Petersplatz und in den Vatikanischen Gärten das Wasser abdrehen lassen. Die Stadt schließt einen Teil der berühmten "nasoni" (Großnasen), jener überall zu findenden öffentlichen Trinkbrunnen, die in normalen Zeiten das gesunde und wohlschmeckende römische Wasser spenden.

Besonders prekär ist die Situation jedoch am Lago di Bracciano, einem fast kreisrunden Kratersee, der 30 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt liegt. Mit dessen Wasser versorgt Acea 400 000 Römer. Wegen der außergewöhnlichen Trockenheit und der intensiven Hitzewellen dieses Jahres ist der Wasserspiegel massiv gesunken, Randzonen sind bereits ausgetrocknet. Die Bürgermeister der am See liegenden Gemeinden, Anwohner und Touristikunternehmen forderten daher, dass Acea die Wasserentnahme bis auf Weiteres stoppen muss.

Man könne den Bürgern nicht einfach das Wasser abdrehen

Der Versorger, der sich mehrheitlich im Besitz der Stadt Rom befindet, drohte für diesen Fall damit, den Römern das Wasser abzustellen. Das rief die Bürgermeisterin Virginia Raggi von der Fünf-Sterne-Bewegung auf den Plan. Man könne den Bürgern nicht einfach das Wasser abdrehen, befand sie. Jetzt wird der Bracciano, ein idyllisch gelegener und beliebter Badesee der Römer und Touristen, weiter ausgesaugt, wenn auch in reduziertem Maß. Und der Streit tobt, wer für die ganze Misere verantwortlich ist.

Technisch ist die Frage einfach zu beantworten, wenn man die Klimakapriolen außen vor lässt: Nach Angaben der nationalen Statistikbehörde Istat gehen in Rom 44 Prozent des Wassers wegen maroder, undichter Leitungen verloren. Zum Vergleich: In Mailand sind es 17 Prozent. Unerhört und inakzeptabel sei diese Verschwendung in Rom, sagte der italienische Umweltminister Gian Luca Galletti jetzt bei einer Senatsanhörung. Schuld daran sei, so sagen politische Gegner, die römische Bürgermeisterin Raggi.

Die Justiz ermittelt nun wegen Umweltzerstörung

Die Stadtregierung habe nicht genug getan, um das Leitungsnetz zu erneuern. Raggi wiederum fordert, der Staat solle den Wassernotstand ausrufen und Geld herausrücken - was dieser allerdings nicht hat. Die Justiz ermittelt nun gegen Acea und dessen Chef wegen Umweltzerstörung. Am Montagabend demonstrierten Kommunalpolitiker und Bürger bei 37 Grad vor dem Acea-Sitz in Rom gegen die Ausbeutung des Bracciano-Sees.

Die Römer wappnen sich derweil, so gut sie können, gegen die "canicola", wie hier die Hundstage heißen. Der Getränkehandel und die Eisverkäufer melden Rekordumsätze.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: