Hetzjagd auf Inder:Rädelsführer muss nicht in Haft

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Rechtsradikale jagen Inder durch Mügeln. Der Staatsanwalt nennt diese Hetzjagd einen Vorfall, der an Hässlichkeit und Widerwärtigkeit kaum zu übertreffen sei - dennoch muss der Angeklagte nicht ins Gefängnis.

Einer der Rädelsführer der fremdenfeindlichen Ausschreitungen im sächsischen Mügeln im Sommer vergangenen Jahres muss nun doch nicht hinter Gitter. Rund elf Monate nach der Tat setzte das Landgericht Leipzig die achtmonatige Gefängnisstrafe gegen den jungen Mann zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Der Mann war im Dezember wegen Volksverhetzung und Sachbeschädigung verurteilt worden. Dagegen legte der 23-Jährige, der nicht vorbestraft war, Berufung ein.

Nach der Hetzjagd auf Inder in Mügeln bleibt dem 23 Jahre alten Angklagten das Gefängnis erspart. (Foto: Foto: dpa)

In der Berufungsverhandlung sagte er, dass er das Geschehen bereue. Nach rund einstündiger Verhandlung kam das Gericht zum Schluss, dass die den Angeklagten entlastenden Aspekte eine Bewährungsstrafe rechtfertigen. Außerdem nahm die 10. Strafkammer dem 23-Jährigen auch wegen seines Verhaltens seit der Tat ab, dass er seine Reue ehrlich meint. Das Urteil ist rechtskräftig.

Bei den Ausschreitungen in der Nacht zum 19. August 2007 waren 14 Menschen verletzt worden. Bei einem Volksfest in dem sächsischen Ort hatten etwa 50 Menschen acht Inder bedrängt, die sich in einer Pizzeria verbarrikadierten. Es wurden ausländerfeindliche Parolen gebrüllt. Der 23-Jährige schlug mit einem Lichtschutzgitter die Glasscheibe der Eingangstür ein. Gegen einen anderen Beteiligten wurde bislang eine Geldstrafe von 600 Euro verhängt.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Oschatz hatte der junge Mann selbst keine ausländerfeindlichen Parolen gerufen, sich aber durch sein Verhalten offensichtlich mit den rechtsextremistischen Forderungen seiner Mittäter identifiziert. Er hatte mit mehr als 20 Mittätern die Inder über den Mügelner Marktplatz gehetzt. Vorausgegangen waren Auseinandersetzungen zwischen den Indern und deutschen Besuchern eines Stadtfestes in der sächsischen Kommune. Das Geschehen hatte weit über die Grenzen Sachsens hinaus für Entsetzen gesorgt.

Der Angeklagte sagte vor dem Landgericht, er bereue seine Teilnahme an den Ausschreitungen. Er habe einen großen Fehler gemacht, der sich auf sein Leben erheblich augewirkt habe. So hätten sich Freunde von ihm abgewandt und er fürchte, wegen des Vorfalls Nachteile bei der Arbeitssuche zu haben.

Der Staatsanwalt nannte die Hetzjagd von Mügeln einen Vorfall, der an Hässlichkeit und Widerwärtigkeit kaum zu übertreffen sei. Die in der Pizzeria eingeschlossenen Menschen hätten Todesangst ausgestanden. Auch diese Folgen für die Opfer müssten bei der Beurteilung des Geschehens in Betracht gezogen werden.

Würde man nur die Tat isoliert betrachten, käme für den Angeklagten nur Gefängnis infrage. Dass er in diesem Fall dennoch für eine Bewährungsstrafe plädiere, sei nicht als ein Zurückweichen der Justiz vor Ausländerfeindlichkeit zu werten. Der Angeklagte habe sich aber bei seinem Opfer entschuldigt und wolle für den von ihm angerichteten Sachschaden Ersatz leisten. Das Geld dafür habe er bereits bei seinem Anwalt hinterlegt. Dies und eine günstige Sozialprognose sprächen für den Angeklagten.

Der Verteidiger des 23-Jährigen verwies darauf, dass sein Mandant bisher strafrechtlich nicht auffällig geworden sei. Dass das Oschatzer Gericht eine Strafe ohne Bewährung ausgesprochen habe, sei unter dem Gesichtspunkt der Generalprävention geschehen, sagte sein Rechtsanwalt. Mit der Entschuldigung und der Geldzahlung habe er aber gezeigt, dass er die Tat bereue. Dass er nur gegen das Strafmaß in Berufung gegangen sei unterstreiche zudem, dass er seine Schuld anerkenne.

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