Süddeutsche Zeitung

Rockerclub:Niederlande verbieten Hells Angels

Ein Gericht in Utrecht nennt den Klub "eine Gefahr für die öffentliche Ordnung". Motorradbanden sind dort oft in Mord, Brandstiftung, Drogenhandel und Erpressung verwickelt.

Von Thomas Kirchner

Der Rockerclub Hells Angels wird in den Niederlanden gerichtlich verboten. Der Club verstoße gegen die öffentliche Ordnung und sei eine Gefahr für die Gesellschaft, urteilte ein Zivilgericht am Mittwoch in Utrecht. Die Staatsanwaltschaft hatte das Verbot beantragt wegen diverser Verbrechen und Gewalttaten von Mitgliedern des Motorradclubs.

Allerdings wird der Club vermutlich Berufung einlegen. Das Verbot gilt nicht nur für die niederländischen Charter des Clubs. Auch die weltweite Organisation darf dem Urteil zufolge nicht mehr in den Niederlanden aktiv sein. Die Vereinigungsfreiheit sei zwar ein Grundrecht, befand das Gericht. Doch sei das Verbot, das zivilrechtlich, nicht strafrechtlich begründet ist, in diesem Fall nötig.

Die Hells Angels seien "eine Gefahr für die öffentliche Ordnung". Ihre Gewalt sei "strukturell", und sie entstamme "der Kultur, die in dem Motorradclub herrscht". Die Richter verweisen unter anderem auf die Belohnungen in Form von Abzeichen, die Mitglieder für Gewalttaten bis hin zu Mord gegen Mitglieder rivalisierender Banden oder Polizisten erhalten. Auch würden inhaftierte Bandenmitglieder regelmäßig finanziell unterstützt.

Die Anwälte der Hells Angels argumentierten im Verfahren, dass der Club überwiegend aus "normalen, fleißigen Menschen" bestehe, die "normale Berufe" ausübten. Auch verweist der Club darauf, dass er gar nicht verboten werden könne, weil er zum einen international nicht organisiert sei und in den Ländern die einzelnen Ortsclubs (Charters) unabhängig voneinander bestünden. Dem widersprach das Gericht. Es gebe sehr wohl eine internationale Hells-Angels-Vereinigung, das so genannte "World Meeting", das über alle wesentlichen Aspekte der Bande und der nationalen Charter entscheide. Außerdem werde überall derselbe Name verwandt und die Mitglieder trügen dieselbe Kleidung.

Verbote sind nur schwer durchzusetzen

Vor rund zehn Jahren war die Staatsanwaltschaft noch mit dem Verbotsantrag vor Gericht gescheitert. Die Niederlande leiden besonders unter der Gewalt und der Kriminalität von Motorradbanden, den sogenannten outlaw motorcycle gangs (OMG). Die Banden sind verwickelt in Schießereien auf offener Straße, Mord, Brandstiftungen, Drogenhandel oder Erpressungen.

Seit 2012 gehen die Behörden umfassender dagegen vor. Clubhäuser werden geschlossen, einschlägige Treffen untersagt, gleichzeitig versuchen die Staatsanwaltschaften, Verbote zu erwirken. Das gelang bei den Clubs Satudarah und Bandidos zumindest teilweise. Allerdings ist das Berufungsverfahren bei Satudarah noch nicht abgeschlossen, und bei den Bandidos konnte nur die niederländische Abteilung verboten werden.

Verbote gegen No Surrender und andere Banden sind beantragt oder werden geprüft. In Deutschland gibt es bislang noch kein bundesweites Verbot. Seit 1983 sind hier jedoch eine Reihe ihrer Charter verboten worden. In diesem Fall bietet das deutsche Recht eine vergleichsweise klare Handhabe. So dürfen die Mitglieder ihre Clubjacken nicht mehr tragen und explizit keine Nachfolgeorganisationen gründen.

In den Niederlanden zeigt sich laut einer Untersuchung der Universität Groningen, die im März veröffentlicht wurde, dass die Verbote nur schwer durchzusetzen sind. Die Justiz bewege sich oft am Rande des gesetzlich Zulässigen, wenn sie einschreite, hieß es. Das Vorgehen der Justiz sei "nicht effizient", sagte ein Wissenschaftler.

Der frühere Anführer des Haarlemer Charter kündigte schon einen Tag vor Verkündigung des Verbots aus dem Gefängnis heraus an, einen neuen Club gründen zu wollen. Er soll MC Hardliners heißen.

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