Für zehneinhalb Jahre muss Elisabeth S. nun ins Gefängnis. Darüber, dass die Rentnerin den siebenjährigen Ole im baden-württembergischen Künzelsau vorsätzlich erwürgt hat, gibt es nicht den geringsten Zweifel, sagte der Richter. Die Frage, die die Prozessteilnehmer bewegte, war das Motiv: Warum tötet jemand einen hilflosen Jungen - und welches Strafmaß ist angebracht? Das Gericht hat am Montag entschieden, dass es sich nicht um Mord gehandelt habe, sondern um Totschlag.
Am Abend des 27. April waren die Eltern zu einem Konzert gegangen und hatten den Jungen wie so oft zuvor in die Obhut von Elisabeth S. gegeben. Die Frau hatte schon oft auf das Kind aufgepasst und eine nahezu familiäre Bindung zu ihm und den Eltern. Am nächsten Tag fanden Vater und Mutter ihr Kind tot in der Badewanne, die noch mit Wasser gefüllt war.
Die Mutter hatte die Angeklagte vor Gericht angefleht, zur Aufklärung beizutragen: "Lass uns nicht zurück in dem schwarzen Loch", sagte sie zum Prozessauftakt. Die Kinderbetreuerin aber schwieg. Das war schwer zu verkraften für die Eltern des Kindes. Sie wollten Antworten finden und das Geschehene verarbeiten, deshalb, so betonten sie, hätten sie an dem Prozess teilgenommen.
Zu Beginn des Prozesses war die Anklage auf Totschlag begrenzt. Davon rückte Staatsanwalt Harald Lustig im Laufe des Prozesses ab: Das Mordmerkmal der niederen Beweggründe sei erfüllt, die Frau habe das Kind aus Verlustängsten erwürgt. Sie habe befürchtet, die Besuche könnten bald enden. "Für mich heißt das, dass man sich selbst wichtiger nimmt als das Leben eines anderen Menschen, eines kleinen Jungen", sagte Lustig in seinem Plädoyer. Die Tat sei selbstherrlich und selbstsüchtig gewesen, so der Staatsanwalt.
Dass das Urteil jetzt doch Totschlag lautet, begründet der Vorsitzende der Kammer mit einem Bündel an Gründen: Die Angeklagte sei überlastet und aufgewühlt gewesen. Außerdem sei die Tat durch eine depressive Störung der Frau geprägt gewesen. Es sei nicht auszuschließen, dass die Angeklagte zur Tatzeit in ihrer Steuerungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sei. Damit hatte auch die Verteidigung argumentiert. Sie sah die Tat unter anderem deshalb lediglich als fahrlässige Tötung.