Vereinigte Arabische Emirate:Frau des Emirs von Dubai offenbar nach London geflohen

Haya bint al-Hussein

Prinzessin Haya bint al-Hussein soll nach London geflohen sein. (AP Photo/Martin Dokoupil)

(Foto: Martin Dokoupil/AP)
  • Prinzessin Haya soll sich mit ihren Kindern in einer Villa nahe dem Kensington-Palast aufhalten.
  • Schon zwei Töchter hatten versucht, aus der Familie des Scheichs Mohammed bin Raschid al-Maktoum zu entkommen.
  • Von britischen Medien verbreitete Gerüchte, die Prinzessin habe zunächst in Deutschland Asyl beantragt und ihre Flucht mit Hilfe eines deutschen Diplomaten organisiert, dementiert die Bundesregierung.

Von Paul-Anton Krüger

Noch im vergangenen Jahr waren sie das Glamour-Paar beim Pferde-Rennen Royal Ascot: Scheich Mohammed bin Raschid al-Maktoum, Emir von Dubai, Milliardär und Eigner teurer Rennpferde, und seine Frau, Prinzessin Haya bint al-Hussein von Jordanien, selbst passionierte Springreiterin, Olympiateilnehmerin im Jahr 2000 und einst Präsidentin der Internationalen Reitervereinigung (FEI).

So fiel es auf, dass sie in diesem Juni nicht an der Seite ihres Gemahls auftrat - offenbar, weil sie ihn und Dubai verlassen hat, sich scheiden lassen will, um in London mit ihren sieben und elf Jahre alten Kindern ein neues Leben zu beginnen. Die 45-Jährige soll in Großbritannien politisches Asyl beantragt haben, berichtet die New York Times unter Berufung auf eine der Familie nahestehende Person.

Gerüchte über eine Trennung schwirren seit Wochen durch die sozialen Medien in arabischen Ländern, spätestens seit der Monarch auf seiner offiziellen Internetseite Gedichte auf Arabisch und Englisch veröffentlichte, die sich lesen lassen als mehr oder weniger bittere Abschiedsworte. "Oh Geliebte, es gibt nichts mehr zu sagen", lautet einer der Verse an eine ungenannte Verflossene. "Du hast keinen Platz mehr an meiner Seite/Es kümmert mich nicht, ob du lebst oder stirbst" ein anderer.

Die Flucht hat das Potenzial für politische Verwerfungen

Gesicherte Fakten gibt es nur wenige über die angebliche Flucht und die Trennung des in arabischen Medien gefeierten einstigen Traumpaares, das 2004 in einer schlichten Zeremonie in Amman geheiratet hatte. Dennoch ist sie Gesprächsthema Nummer eins in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Jordanien und darüber hinaus - nicht nur weil die Menschen royalen Klatsch lieben, sondern weil die Umstände der angeblichen Flucht brisant sind und Potenzial für politische Verwerfungen bergen.

Prinzessin Haya ist die Halbschwester des jordanischen Königs Abdullah II., ihr gemeinsamer Vater ist Hussein, der das Haschemitische Königreich bis zu seinem Tod im Jahr 1999 regierte. Jordanien und die Emirate sind eng miteinander verbündet und auch mit Großbritannien, der einstigen Kolonialmacht. Die Emirate unterstützen Jordanien mit großzügigen Finanzhilfen, zusammen mit Saudi-Arabien und Kuwait stellten sie im vergangenen Jahr 2,5 Milliarden Dollar bereit, als Zehntausende Jordanier gegen Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen auf die Straße gingen.

Scheich Mohammed, 69, ist in Personalunion Vizepräsident, Premierminister und Verteidigungsminister der Emirate, mithin der zweitmächtigste Mann hinter Kronprinz Mohammed bin Zayed al-Nahyan, mit dem ihn eine enge Freundschaft verbindet.

Zugleich lenkt die Trennung erneut die Aufmerksamkeit auf den Umgang des Emirs mit den Frauen seiner Familie. Er soll insgesamt sechs Ehen eingegangen sein, die jüngste davon mit Haya, und mindestens 23 Kinder haben. In Zweifel gerät damit einmal mehr auch das mit großem PR-Aufwand aufgebaute liberale, weltoffene Image Dubais, auf das der Herrscher ebenso großen Wert legt wie auf seine persönliche Reputation.

Schon zwei Töchter hatten versucht, aus den Luxus-Palästen zu entkommen, die ihnen eher als goldene Käfige erschienen. Als Orte, an denen sie nach eigenen Angaben Misshandlungen über sich ergehen lassen mussten und jeglicher persönlicher Freiheiten beraubt waren. Scheicha Shamsa bint Mohammed al-Maktoum war im Jahr 2000 als 18-Jährige vom britischen Sommersitz des Emirs geflohen, einem Villenanwesen in Longcross in der Grafschaft Surrey.

Zurückgebracht, ruhiggestellt und jahrelang festgehalten

Sie soll Wochen später von Angestellten ihres Vaters gekidnappt und gegen ihren Willen nach Dubai zurückgebracht worden sein und dort im Zabeel-Palast ihres Vaters mit Medikamenten ruhiggestellt und jahrelang wie in einem Gefängnis festgehalten worden sein. So berichtet es zumindest Scheicha Latifa bint Mohammed al-Maktoum, eine weitere Tochter des Herrschers, die eine Flucht versuchte. Sie war im März 2018 mit Hilfe des früheren französischen Geheimdienstlers Hervé Jaubert und ihrer finnischen Capoeira-Lehrerin nach sieben Jahren Planung entkommen, wie sie in einem Video schildert.

Die Lehrerin brachte sie über die Grenze nach Oman, von wo sie sich mit einem Schlauchboot und einem Jetski in internationale Gewässer aufmachte. Jaubert wartete dort mit einer Yacht auf sie, um sie letztlich in die USA zu bringen. Vor der Küste Indiens holte dann aber ein bewaffnetes Kommando die 34-Jährige gewaltsam von Bord und brachte sie nach Dubai zurück. In dem 38-minütigen Film sagt Latifa: "Wenn Sie dieses Video sehen, dann ist das keine so gute Sache, entweder ich bin tot oder in einer sehr, sehr, sehr schlechten Situation."

Verstörende Details über gewaltsame Rückführung

Um dem entgegenzutreten, hatte das Außenministerium der Emirate im Dezember Fotos der Prinzessin veröffentlicht, die sie bei einem gemeinsamen Essen mit der früheren irischen Präsidentin Mary Robinson zeigen, die von 1997 bis 2002 UN-Hochkommissarin für Menschenrechte war. Eingefädelt hatte den viel kritisierten Besuch Prinzessin Haya - die beiden verbindet eine persönliche Freundschaft.

Latifa wirkte auf den Aufnahmen abwesend, was Spekulationen befeuerte, auch sie sei unter Drogen oder Medikame gesetzt worden. Haya sagte in Interviews, Latifa sei eine labile junge Frau, die geschützt werden müsse, deswegen wolle sie auf diese "äußerst private Familiensache" nicht weiter eingehen.

Haya habe in der Zwischenzeit neue, verstörende Details über Latifas gewaltsame Rückführung erfahren, berichtet die BBC unter Berufung auf Quellen im persönlichen Umfeld Hayas. Sie habe sich "zunehmender Feindseligkeit und Druck" aus der Familie ihres Mannes ausgesetzt gesehen und um ihre persönliche Sicherheit in Dubai gefürchtet, meldet die BBC weiter. Auch mache sie sich Sorgen, selbst Opfer einer Rückführungsaktion zu werden.

Bundesregierung dementiert Gerüchte zu Asylantrag

Aktivisten fordern sie nun auf, alle Informationen über Latifas Schicksal preiszugeben, die ihrem Vater unmenschlichen Umgang mit Frauen vorgeworfen hat und sagt, dass dessen Untergebene sie nach einem Fluchtversuch im Alter von 16 Jahren geschlagen, gefoltert und misshandelt hätten.

Prinzessin Haya soll sich mit ihren Kindern in einer Villa nahe dem Kensington-Palast aufhalten, die ihr alleine gehören soll, und, so berichtet der Guardian, am High Court ein Scheidungsverfahren angestrengt haben.

Von britischen Boulevardmedien verbreitete Gerüchte, sie habe zunächst in Deutschland Asyl beantragt und ihre Flucht mit Hilfe eines deutschen Diplomaten organisiert, dementiert die Bundesregierung. Die Sprecherin des Auswärtigen Amts, Maria Adebahr, sagte am Montag, es lägen "zu diesem in der Presse berichteten Sachverhalt keine Informationen vor". Die emiratische Seite erklärte, keinen Kontakt mit deutschen Behörden gehabt zu haben.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung verfügt Prinzessin Haya über ein Schengen-Visum, das ihr erlauben würde, ungehindert nach Europa zu reisen. Möglich ist damit etwa, über einen deutschen Flughafen nach London zu gelangen. Weder die emiratischen noch die britischen Behörden haben sich bislang zu dem Fall geäußert; das Innenministerium in London teilte lediglich mit, man äußere sich generell nicht zu einzelnen Asyl-Anträgen, in Abu Dhabi hieß es, man äußere sich nicht zu Gerüchten über das Privatleben der Familie.

Der Emir indes dichtete im Duktus der am Golf traditionellen Nabati-Lyrik der Beduinen: "Wir haben ein Leiden, das keine Medizin heilen kann/Kein Kräuterheiler weiß Abhilfe dafür." Alle seine Gedichte beruhten auf persönlicher Erfahrung, führt er auf seiner Internetseite aus. "Nie habe ich einen Vers geschrieben, der nicht eine Realität in meinem Leben ist."

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