Hass-Tweets gegen Aktivistin:Briten zu Haftstrafen verurteilt

Ihr Fall ist längst zum Symbol für Sexismus im Netz geworden: Caroline Criado-Perez wurde Opfer massiver Hass-Attacken bei Twitter. Jetzt hat ein Gericht erste Haftstrafen verhängt. Gegen einen Mann und eine Frau.

Sie bezeichneten sie als Schlampe, drohten ihr mit Vergewaltigung oder forderten sie gar auf, sich umzubringen. Caroline Criado-Perez hatte nichts anderes getan, als sich für ein weibliches Gesicht auf den britischen Pfund-Noten einzusetzen. Der Hass kam mit dem Erfolg - am 24. Juli verkündete die Bank of England, dass Jane Austen künftig den Zehn-Pfund-Schein zieren solle. Auf Twitter schlugen der Aktivistin plötzlich Wellen des Hasses entgegen, wie es sie zuvor nie gegeben hatte.

Jetzt sind in England zwei Personen dafür juristisch zur Verantwortung gezogen worden. Das Gericht in Westminster verurteilte eine Frau zu zwölf, einen Mann zu acht Wochen Haft. Jeder von ihnen muss zudem 800 Pfund (knapp 1000 Euro) Schadenersatz bezahlen. Criado-Perez reagierte per Twitter auf das Urteil. Sie müsse diese Entscheidung erst einmal verarbeiten, schrieb sie.

Der Richter sagte zu dem Urteilsspruch, die Drohungen gegen Criado-Perez hätten das Leben der jungen Frau verändert. "Die Tatsache, dass diese anonym waren, verstärkte die Angst noch. Die Opfer hatten keine Ahnung, wie gefährlich die Menschen waren, die diese Drohungen aussprachen", zitierte der Guardian den Richter. Der verurteilte Mann hatte auch gegen Stella Creasy gehetzt, eine Labour-Abgeordnete, die Criado-Perez' Aktion unterstützte. Wie seine 23-jährige Mitangeklagte gehörte er zu den Nutzern von 86 anonymen Twitter-Accounts, von denen Hass-Tweets an Criado-Perez und Creasy geschickt wurden.

Die Frau adressierte an Criado-Perez auf Twitter Drohungen wie: "Verpiss dich und stirb du wertloses Stück Dreck." "Bring dich um", "Vergewaltigung ist deine geringste Sorge." Die Motive der beiden wurden in dem Prozess nicht gänzlich geklärt. Die geständige junge Frau wurde in der Vergangenheit bereits 25 Mal verurteilt, zwei Verfahren wegen tätlicher Angriffe stehen noch aus. Den ebenfalls geständigen 25-Jährigen beschrieb sein Anwalt als "sozialen Eremiten".

Zeitweise hatte Criado-Perez mit 50 Hass-Tweets pro Stunde zu kämpfen. Später sprach sie in der britischen Sonntagszeitung Observer darüber, wie sie weder habe essen noch schlafen können. "Ich weiß nicht, ob ich eine Art Zusammenbruch hatte. Ich war unfähig zu funktionieren, unfähig zu normalen Interaktionen." Bei Twitter reagierte man unangemessen auf die extreme Situation: Criado-Perez wurde lediglich auf das komplizierte Melde-Formular verwiesen.

In der Folge unterzeichneten Zehntausende eine Petition für einen "Melde-Missbrauch-Button". Mit Erfolg. Gut einen Monat später wurde die neue Funktion eingeführt. Die Hass-Kampagne gegen Criado-Perez ist längst zum Symbol für den Kampf gegen Sexismus im Netz geworden. Auch feministische Aktivisten in Deutschland haben immer wieder mit Hetz-Angriffen zu kämpfen; erst kürzlich widmete Amanda Hess der Problematik ein ausführliches Essay.

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