Hartnäckiges Leiden:Drei Jahre Schluckauf

Lesezeit: 3 min

Ein Anruf bei dem 26-jährigen Christopher Sands: Drei Jahre litt er unter Schluckauf - und wurde erst nach seinem Auftritt in einer japanischen TV-Show geheilt.

Marten Rolff

Als Christopher Sands, 26, aus Timberland im britischen Lincolnshire vor knapp drei Jahren einen Schluckauf bekam, ahnte er nicht, wie hartnäckig der sein würde. Alle zwei Sekunden hat der Musiker seitdem aufstoßen müssen, insgesamt mehr als 30Millionen Mal. Sands probierte alles, um das Hicksen loszuwerden, das halbe Land nahm Anteil an seinem Leiden, doch nichts half. Erst ein japanischer Arzt stellte nach dem Auftritt des Patienten in einer TV-Show die richtige Diagnose: Sands litt an einem seltenen Hirntumor mit fataler Wirkung auf das Zentralnervensystem.

Jahrelanger Schluckauf: Christopher Sands wusste nicht mehr weiter, bis ihm in Japan geholfen wurde. (Foto: Foto: Istock)

SZ: Hallo, Mr. Sands, wie geht es Ihnen heute?

Sands: Oh, danke, so weit sehr gut. Mit meinem linken Arm bin ich nach der Operation noch ziemlich ungeschickt; er fühlt sich taub an, so als hätte ich ein paar Stunden darauf geschlafen.

SZ: Sie wurden im vergangenen September operiert, waren dann in der Reha und haben nun Ihre Heilung bekanntgegeben. Werden Sie wieder ganz gesund?

Sands: Das können die Ärzte nicht sagen, aber ich bin mehr als zufrieden, der Arm ist in der Reha viel besser geworden und außerdem: Der Schluckauf ist weg. Ich kriege nur noch normalen Schluckauf, wie andere Leute. Der ist auch lästig, aber im Vergleich geradezu angenehm.

SZ: Wann fing der Schluckauf an?

Sands: Im September 2006, an den genauen Tag kann ich mich nicht mehr erinnern; ich glaube, es war nach dem Aufstehen. Jedenfalls blieb er für etwa zwei Wochen und verschwand wieder. Im Februar 2007 bekam ich erneut Schluckauf - bis zur Operation im September 2009.

SZ: Wenn Menschen Schluckauf haben, halten sie in der Regel die Luft an - oder versuchen, kopfüber ein Glas Wasser zu trinken.

Sands: Ich habe wirklich alles versucht. Und wenn ich alles sage, dann meine ich alles: Luft anhalten, Kopfstand, Hausmittel wie Essig mit Zucker, Kopfmassagen, Akupunktur, Ayurveda-Kuren, Yoga, Sauerstoffkammern, ein halbes Dutzend Ärzte. Die haben zuerst mal meinen Magen operiert, weil ich einen Reflux zur Speiseröhre hatte. Diese OP war eine große Erleichterung, hat aber den Schluckauf nicht beseitigt. Irgendwann haben die Ärzte dann gesagt: Tut uns leid, wir können Ihnen nicht mehr helfen.

SZ: Ihr absurdester Therapieansatz?

Sands: Einmal kam ein japanischer Arzt in unseren Ort gereist, extra meinetwegen. Der hat sich eine Woche bei uns einquartiert und versucht, mich zu heilen. Eine Tortur! Er stand stundenlang auf meinen Knöcheln und meinem Rücken, während ich auf dem Boden lag. Ziemlich schmerzhaft! Später hat er dann Stäbchen neben meinem Körper verbrannt und mir fast die Haut versengt. Er war wirklich sehr nett und meinte es auch gut, nur geholfen hat es leider nichts.

SZ: Wie kommt ein japanischer Arzt auf die Idee, bei Ihnen zu wohnen?

Sands: Ein Filmteam aus Japan hatte einen Beitrag über mich gedreht, die wiederum waren durch die Berichterstattung hier auf mich aufmerksam geworden.

SZ: Wer die Artikel und Videos sichtet, kann den Eindruck bekommen: Halb England war an Ihrer Heilung beteiligt.

Sands: Ja, jeder hatte da so seine eigene Theorie. In Japan jedenfalls war die Resonanz auf den Beitrag offenbar so überwältigend, dass ich in eine Fernsehshow eingeladen wurde. Dort wurde schließlich dieser Spezialist auf mich aufmerksam, der den Tumor diagnostizierte. Er hat eine Computertomographie gemacht, die Diagnose hat kaum einen Tag gedauert.

SZ: Sind Sie manchmal sauer auf Ihre Ärzte, weil die das nicht erkannt haben?

Sands: Nein, gar nicht, die haben ja im guten Glauben gehandelt, jeder kann etwas übersehen. Die Diagnose war dann Erlösung und Horror zugleich: Einerseits wusste ich nun, woran es lag, der Tumor war gutartig und langsam wachsend. Andererseits lag er neben dem Stammhirn und galt als inoperabel. Der Spezialist in Sheffield, der mich schließlich operierte, sagte mir: Wenn ich den kleinsten Fehler mache, bist du tot. Ich habe erst geheult und es dann mit Humor genommen. Am Ende ist es hervorragend gelaufen.

SZ: Sie sind eigentlich Musiker. Werden Sie wieder spielen können?

Sands: Na ja, meine Stimme geht der Band nicht ab, denke ich. Und mit den Gitarrengriffen klappt es noch nicht wieder. Das ist im Moment aber gar nicht wichtig.

© SZ vom 22.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: