Britisches Königshaus:Das gar nicht so geheime Buch

Britisches Königshaus: Eine Frau hält ein Exemplar Autobiografie des britischen Prinzen Harry in den Händen. In Spanien kam das Buch versehentlich bereits am Donnerstag in den Handel.

Eine Frau hält ein Exemplar Autobiografie des britischen Prinzen Harry in den Händen. In Spanien kam das Buch versehentlich bereits am Donnerstag in den Handel.

(Foto: dpa)

Prinz Harry macht in seiner Autobiografie der Familie schwere Vorwürfe - und per Interview ein Gesprächsangebot.

Eigentlich sollten seine Memoiren erst Anfang kommender Woche erscheinen, aber nun ist Prinz Harry überall, mal wieder. Die Enthüllungen des abtrünnigen Royals dominieren die britischen Schlagzeilen, nachdem seine Autobiografie "Spare" am Donnerstag versehentlich frühzeitig in den spanischen Buchhandel gekommen war. Seither dringen immer mehr Details an die Öffentlichkeit.

Die Rivalität mit Harrys großem Bruder William klingt bereits im Titel des Buchs an: "Spare" (zu Deutsch: "Reserve"). So soll sein Vater, seit dem Tod der Queen im September König Charles III., über ihn nach seiner Geburt gesprochen haben, schreibt der zweitgeborene Harry den Berichten zufolge. William, Nummer eins in der Thronfolge, bezeichnet er als "geliebten Bruder", aber auch als "Erzfeind".

Harry wirft seinem zwei Jahre älteren William auch einen körperlichen Angriff vor: Ein böses Wort zu viel, ein Stoß von William - und Prinz Harry liegt am Boden, verletzt von Scherben eines zerbrochenen Hundenapfs. So zumindest schildert der 38-Jährige einen heftigen Streit, bei dem es um Meghan gegangen sein soll, wie der Guardian bereits am Donnerstag berichtet hatte.

Nun legt etwa der Mirror mit einem angeblichen Auszug aus den Memoiren nach: Harry sei in Wahrheit gar nicht Trauzeuge bei Williams Hochzeit mit Kate 2011 gewesen. Er sei gezwungen worden, mitzuspielen, um den beiden besten Freunden seines Bruders öffentliches Interesse an ihrer Person zu ersparen. Die traditionelle Trauzeugen-Rede beim Hochzeitsempfang hätten aber sie halten dürfen, er selbst sei zum Moderator degradiert worden. Die Episode werfe Fragen danach auf, wie lange das Zerwürfnis der einst unzertrennlichen Brüder schon andauere, schreibt der Mirror.

Die tragischen Umstände des Tods seiner Mutter Diana, die im Jahr 1997 auf der Flucht vor Paparazzi in Paris verunglückte, beschäftigen Harry bis heute. Dem offiziellen Ermittlungsergebnis glaubt er nicht. Er wirft dem Königshaus vor, William und ihm nicht erlaubt zu haben, öffentlich eine Wiedereröffnung der Ermittlungen zu verlangen. Seinem Vater bescheinigt er Gefühlskälte. Der habe ihn nicht einmal in den Arm genommen, als er ihm die erschütternde Nachricht vom Unfall der geliebten Mutter überbrachte, klagt Harry laut der Sun.

Er bereue es nicht, 25 Taliban getötet zu haben

Camilla sei ihm als "andere Frau" seines Vaters schon früh ein Begriff gewesen, schreibt Harry. Nach dem Tod seiner Mutter habe er befürchtet, sie könnte sich als "böse Stiefmutter" entpuppen, heißt es in den Medienberichten. Weil sie Charles glücklich machte, habe er sie in der Familie willkommen geheißen. Doch das angebliche Flehen der Brüder, ihr Vater möge nicht noch einmal heiraten, blieb ungehört: Charles und Camilla heirateten 2005. Inzwischen ist sie Königsgemahlin. Harry wirft ihr wie auch anderen Royals vor, unter der Hand Informationen an die Presse gegeben zu haben.

Seinem Vater Charles macht Prinz Harry Berichten zufolge den Vorwurf, eifersüchtig auf seine Frau Meghan gewesen zu sein. Dieser soll befürchtet haben, die "neue und strahlende" Schauspielerin könne ihm das Rampenlicht stehlen. Sein Vater habe das "schon einmal erlebt und hatte kein Interesse daran, dass ihm das noch einmal passiert", schreibt Harry demnach in Anspielung auf die Beliebtheit seiner verstorbenen Mutter Prinzessin Diana. Auch auf die öffentliche Aufmerksamkeit an William und Kate soll Charles eifersüchtig sein.

Harry gibt außerdem zu, mit 17 Jahren Kokain genommen zu haben, um sich "anders zu fühlen". Den größten Fehltritt seiner jüngeren Jahre lastet Harry aber teilweise auch William und dessen Frau Kate, 40, an. Die sollen ihn 2005 ermutigt haben, ein Verkleidungsfest im Nazi-Kostüm zu besuchen - Fotos von Harry mit Hakenkreuz-Armbinde machten bald die Runde in der Presse und lösten einen Skandal aus. Harry musste öffentlich Abbitte leisten.

Keine Reue empfindet er hingegen dafür, während seines Militärdiensts als Hubschrauberpilot in Afghanistan 25 Kämpfer der Taliban getötet zu haben. "Es war nichts, was mich mit Genugtuung erfüllt hat, aber ich hab mich auch nicht geschämt", schreibt Harry dem Sender Sky News zufolge. Ein Militärveteran sagte dem Sender, Harrys Kommentare würden einerseits weiteren Hass auf ihn schüren und andererseits ein falsches Bild der britischen Militärausbildung zeichnen. Es sei keineswegs der Fall, dass britischen Soldaten beigebracht werde, ihre Gegner als weniger menschlich oder als "Schachfiguren" anzusehen.

Kurz vor dem offiziellen Erscheinen seiner Memoiren macht Harry seiner Familie ein Gesprächsangebot. "Die Tür ist immer offen", sagt er in einem Teaser für ein ITV-Interview, das der britische Sender am Sonntagabend in voller Länge ausstrahlen will. Er hoffe, dass seine Familie bereit sei, sich zusammenzusetzen und über alles zu reden. Auf die Frage, ob er an der Krönung seines Vaters im Mai teilnehmen wolle, antwortet der 38-Jährige ausweichend: "Bis dahin kann viel passieren." Im gleichen Interview offenbart Harry, er wünsche sich William und seinen Vater "zurück". Der Ball liege nun aber im Spielfeld des Palastes.

Wenige Stunden später soll in der Nacht zum Montag im US-Fernsehen ein weiteres Interview mit Harry ausgestrahlt werden. In bereits veröffentlichten Ausschnitten aus diesem Gespräch zeigt sich der Prinz weniger versöhnlich: Journalisten seien unter der Hand mit Negativ-Informationen über ihn und seine Frau Meghan gefüttert worden, Bitten des Paares um Gegendarstellungen zu Presseartikeln seien von der Königsfamilie stets abgelehnt worden. Deshalb habe er beschlossen, selbst an die Öffentlichkeit zu gehen, sagte Harry. "Es kommt ein Punkt, an dem Schweigen zu Verrat wird."

Das Buch werde "den Bruch mit seinem Vater, seinem Bruder und der Nation vertiefen", schreibt die Times. Die meisten Briten seien inzwischen von dieser Geschichte gelangweilt - zumal die ersten Monate des neuen Königs als überraschend erfolgreich wahrgenommen wurden. Man werde Harry bei der Krönungszeremonie im Mai nicht sehen wollen. Und: "Wenn der Herzog und die Herzogin von Sussex so entschlossen sind, ihre Verbindungen zur Monarchie zu kappen, sollten sie ihre Titel freiwillig ablegen."

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