Süddeutsche Zeitung

Hanfplage in Göttingen:"Wir behandeln das wie Unkraut"

Göttingen hat ein Drogenproblem: Zwischen bunten Sommerblumen sprießen in der ganzen Stadt Hanfpflanzen. Eine Aktionsgruppe hat sie ausgesät, sie fordert die Legalisierung von Cannabis. Nun werden die Pflanzen zu Kompost, auch aus optischen Gründen, sagt der Leiter des städtischen Baubetriebshofs im Interview.

Von Antonie Rietzschel

In Göttings Schmuckbeeten sprießen neben Tagetes und Eisbegonien auch Hanfpflanzen. Schuld ist die die Gruppe "Einige Autonome Blumenkinder". Eigenen Angaben zufolge hat sie die Hanfsamen ausgesät, um damit die Legalisierung von Cannabis einzufordern. Bei den Pflanzen handelt es sich vermutlich um legal käuflichen Industriehanf, der nicht den Wirkstoff THC enthält. Trotzdem muss er weg - auch aus optischen Gründen, sagt Gerrit Lebensiek, Leiter des städtischen Baubetriebshofs.

SZ.de: Herr Lebensiek, konnten Sie der Hanfpflage in Göttingen mittlerweile ein Ende setzen?

Gerrit Lebensiek: Ja, wir haben alle Pflanzen entnommen.

Was ist mit denen passiert?

Wir behandeln das wie Unkraut. Das heißt, unsere Gärtnerkolonnen reißen die Pflanzen mit den Wurzeln raus, werfen sie auf den Unkrauthaufen und dann ab damit zum Kompostwerk. Dort werden sie zu Kompost

Der dann wieder verwendet werden kann?

Ja klar. Da sind keine Stoffe drin. Ihre Pflanzen fangen dann nicht an zu lachen, wenn sie den Kompost benutzen. Das sind sowieso vor allem männliche Pflanzen. Die erheiternden Stoffe sind in den weiblichen Pflanzen. Die blühen auch.

Warum können Sie die Pflanzen nicht stehen, lassen wenn sie doch ungefährlich sind?

Erstens können wir nie zu hundert Prozent sicher sein, dass es wirklich nur männliche Pflanzen sind. Außerdem passen sie nicht in das Bepflanzungskonzept. Am Wilhelmsplatz haben wir ein Schmuckbeet mit Tagetes und Eisbegonien - auch da wurde Hanf eingesät. Das passt einfach nicht zusammen.

Aber eigentlich ist Hanf doch eine ganz schöne Pflanze.

Ja, die Pflanzen sind schon imposant, wenn sie groß werden. Aber so weit lassen wir es nicht kommen.

Wann ist denn das erste Mal aufgefallen, dass da etwas sprießt, das da nicht hingehört?

Im Mai ist es unseren Kolonnen aufgefallen. Ich habe die Pflanzen das erste Mal gegenüber vom Bahnhof in einer Wildblumenzone, die wir angepflanzt haben, gesehen. Von manchen Standorten haben wir aber auch erst aus der Presse erfahren.

Wie wollen Sie verhindern, dass die Pflanzen erneut ausgesät werden?

Das können wir nicht. Ich kann ja nicht den ganzen Tag in der Stadt rumlaufen und aufpassen, dass da niemand was einsät. Unsere Kolonnen werden weiterhin ein Auge darauf haben. Sollte es neue Funde geben, melden wir das Polizei und dann: Weg damit.

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