Süddeutsche Zeitung

Handschlag-Debatte:Schweizer Schüler müssen Lehrerinnen die Hand geben

Lesezeit: 1 min

Schweizer Schüler müssen ihren Lehrerinnen die Hand geben, auch wenn ihr Glaube das ihrer Meinung nach verbietet. "Das öffentliche Interesse bezüglich Gleichstellung von Mann und Frau sowie die Integration von Ausländern überwiegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Religionsfreiheit) der Schüler erheblich", heißt es in der Mitteilung der Baselbieter Bildungs-, Kultur- und Sportdirektion (BKSD).

Wenn eine Person den Händedruck aus religiösen Gründen verweigere, würden Lehrpersonen und Mitschüler außerdem mit in diese religiöse Handlung einbezogen. Das begrenze wiederum deren Religionsfreiheit - und sei deshalb nicht rechtens.

Der Fall, der die Entscheidung nötig gemacht hatte, liegt etwa zwei Monate zurück: Anfang April hatten zwei Schüler einer Sekundarschule in Therwil im Schweizer Kanton Baselland sich geweigert, einer Lehrerin die Hand zu geben. Sie begründeten das mit ihrem Glauben, der verbiete, Menschen des anderen Geschlechts zu berühren.

Einem größeren Umfeld wurde der Fall erst durch die Reaktion der Schulleitung bekannt. Diese legte fest, dass die Schüler ihren Lehrerinnen nicht mehr die Hand zu geben brauchten, bis die Sache von höherer Stelle entschieden sei. Gleichzeitig sollten die Schüler auch männlichen Lehrkräften nicht mehr die Hand geben.

Der Fall löste eine öffentliche Debatte aus, auch über die Landesgrenzen der Schweiz hinaus. Vertreter unterschiedlicher muslimischer Verbände meldeten sich zu Wort. Manche zeigten Verständnis für die Schüler, viele kritisierten die rigiden Vorstellungen. "Wir sind hier nicht in Saudi-Arabien", schimpfte etwa Saïda Keller-Messahli, Präsidentin des Forums für einen Fortschrittlichen Islam.

Nach der Entscheidung der BKSD müssen Schüler jetzt mit Disziplinarmaßnahmen rechnen, wenn sie den Händedruck verweigern: mit einer Ermahnung etwa oder einem Verweis. Erziehungsberechtigte können mit einer Geldstrafe von bis zu 5000 Franken (etwa 4500 Euro) belegt werden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3006458
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/feko
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.