Stolz klingt durch, während die Kriminalisten und Zöllner am Montag in Düsseldorf von ihrer Arbeit erzählen. Etwa, wie sie durch einen Tipp kolumbianischer Behörden der Schmugglerbande auf die Spur kamen, die da tonnenweise Kokain aus Lateinamerika nach Europa verschiffte. Oder wie sie zwischen Mai und September vorigen Jahres im Hamburger Hafen gezielt zwischen Ölsamen, Ananas oder Holzlatten in neun Containern insgesamt 25,4 Tonnen Kokain fanden – die bislang größte Menge der weißen Droge in einem einzigen deutschen Ermittlungsverfahren. Und wie 150 Beamte vor gut zwei Wochen schließlich acht Hauptverdächtige festnahmen.
Im Nachhinein, so sagt Ronald Lenz vom Zollfahndungsamt Stuttgart und lächelt, habe sich sogar der Name der Operation bewahrheitet: „Plexus heißt ein Netzwerk von Adern und Nervenbahnen – das passte irgendwie.“ Weil Drogenfahnder im Rahmen der „OP Plexus“ in Ecuador und den Niederlanden noch weitere elf Tonnen Kokain sicherstellten, kamen insgesamt 35,5 Tonnen zusammen – mit einem Rekordwert von geschätzt 2,6 Milliarden Euro. Der Großteil des konfiszierten Kokses ging inzwischen in Flammen auf – in einer Müllverbrennungsanlage nahe Stuttgart.
Ein 35,5 Tonnen schwerer Schlag gegen die organisierte Kriminalität. Weil eine Staatsanwaltschaft in Düsseldorf, die auf die Bekämpfung organisierter Kriminalität spezialisiert ist, die „OP Plexus“ koordinierte, sitzt am Montag auch Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) mit am Tisch. Der Minister spricht von „einem Coup“. Das sei, so lobt Limbach, „ein präziser Kinnhaken, der Drogenbossen wehtut“. Passend zur Fußball-EM wechselt der Grüne die Sportart für noch eine Metapher: „Der Staat ist am Ball und hat den Willen zum Tor!“

Nur reicht das zum Sieg über die Kartelle? Ermittler Tino Igelmann vom Zollkriminalamt räumt ein, dass ein Rekorderfolg dafür offenbar nicht genügt. Bisher, so bedauert der Bundesbeamte, seien in Deutschland beim Verkauf von Kokain „keine Auswirkungen auf den Absatzmarkt und den Preis erkennbar“. Die Bundesrepublik sehe sich einer regelrechten „Kokain-Schwemme“ ausgesetzt. Erst im Mai hatte der Hamburger Senat mitgeteilt, die Menge des im hanseatischen Hafen sichergestellten Kokains habe sich innerhalb von nur fünf Jahren verdreifacht.
Auch hat der von Minister Limbach bemühte „Kinnhaken“ die Drogenkartelle nicht an ihrer empfindlichsten Stelle getroffen – dem Geld. Das Netzwerk, das jetzt zerschlagen wurde, scheint ein vorwiegend auf Logistik und Transport beschränkter internationaler Krake gewesen zu sein: Zwei Deutsche, zwei Türken, je ein Aserbaidschaner, ein Bulgare, ein Marokkaner, ein Ukrainer wurden verhaftet. Bei den Razzien vor zwei Wochen in sieben Bundesländern wurden nur vergleichsweise geringe Vermögenswerte konfisziert: fünf Goldbarren, 23 000 Euro Bargeld, ein Porsche 911 Turbo (geschätzter Wert 250 000 Euro) und andere Luxusartikel wie teure Uhren. Gemessen an einem Kokain-Wert von 2,6 Milliarden ist das so viel nicht.
Gleichwohl offenbart „OP Plexus“, wie raffiniert die Drogenhändler und -verschiffer agieren. Der Tipp aus Kolumbien führte die Ermittler zu einer Scheinfirma in Mannheim und schließlich zu einem deutschen Unternehmer aus NRW, der schon vor Jahren bis zu einhundert „Vorratsfirmen“ gegründet hatte: Firmen also, die auf Vorrat gegründet worden waren, um nach 80 oder 100 Testläufen heiße Container mit verstecktem Kokain über das Meer nach Europa zu schicken. Die Ananasstauden oder Säcke voller Sesamkörner hätten die Dealer stets abgeschrieben und verschimmeln lassen.
Ursprünglich hatten die deutschen Ermittler konkrete Hinweise auf zehn Lieferungen per Schiff. Neun Container immerhin fing die „OP Plexus“ ab. Einer kam durch.