Hamburg:Fridays for Goofy

Große Sorge um die Sicherheit des Rindes Goofy

Der junge Ochse Goofy, hier angebunden im Museumsdorf Volksdorf, wird nun zu einem Zugochsen umgeschult.

(Foto: dpa)

Als Teil eines Hamburger Schulprojektes sollte das Kalb Goofy geschlachtet werden. Daraus entwickelte sich ein skurriler wie vielsagender Kulturkampf.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Goofy geht es prächtig, heißt es aus dem Volksdorfer Museumsdorf, das ist schon mal gut zu wissen. "Er ist hier und freut sich seines Lebens", sagt eine Frau am Telefon. Immer wieder kämen Schüler vom Walddörfer Gymnasium vorbei und sehen nach ihm, die Schule liegt gleich um die Ecke. "Er wird verhätschelt, er wird gestreichelt."

Goofy kannte man bis zuletzt vor allem als treudoofen Hund aus dem Comic, als einen Klassiker wie Donald Duck und Micky Maus. Aber inzwischen ist Goofy auch bekannt als das berühmteste Rind mindestens Hamburgs und zur Gestalt eines ebenso skurrilen wie vielsagenden Kulturkampfes geworden.

Seine Geschichte begann eher unauffällig, auf Klassenfahrt im Zillertal im Sommer 2019 , als es noch Klassenfahrten gab. Achtklässler jenes Walddörfer Gymnasiums im Hamburger Nordosten erlebten, wie auf einem österreichischen Milchhof ein männliches Kalb zur Welt kam. Sie beschlossen, das Tier in die Hansestadt zu lotsen. Es sollte zunächst der Tötung entkommen. Dann handelten sie mit dem Volksdorfer Museumsdorf aus, dass Goofy dort eineinhalb Jahre lang auf dem Bauernhof betreut und danach erst geschlachtet wird, im Jahr 2021.

Große Empörung und persönliche Angriffe

Goofys Leben und auch sein Tod sollten zu einem Projekt gehören, es ging um Ernährung, um Landwirtschaft, Fleischkonsum, Klimawandel, Tierethik. Beim Schulwettbewerb "Echt kuh-l!" des Bundeslandwirtschaftsministeriums im Sommer 2020 gehörten die Hamburger mit ihrem Projekt sogar zu den Preisträgern. "Teil des Projekts war von Anfang an der gesellschaftskritische Anspruch, dem Fleisch ein Gesicht und Namen zu geben und hinter die Kulissen der Landwirtschaft zu schauen", schrieb Schulleiter Jürgen Solf. "Die Schlachtung des Tieres war für alle in der Klasse ein herausfordernder und akzeptierter Teil des Lebens auf einem landwirtschaftlichen Hof." Da war es schon Ende November 2020 und ein Shitstorm tobte.

Tierschützer hatten von Goofy beziehungsweise seiner bevorstehenden Schlachtung erfahren. Große Empörung, auch persönliche Angriffe machten fortan die Runde. Der öffentliche Druck sei so groß geworden, "dass die Schule und das Museumsdorf Volksdorf den pädagogischen Schutzraum für die betroffenen Schülerinnen und Schüler nicht mehr gewährleisten können", informierte Direktor Solf. Das Projekt werde deshalb vorzeitig beendet. "Goofy bleibt am Leben und wird auf dem Museumsdorf Volksdorf zu einem Zugochsen umgeschult."

Ein paar Tage später veröffentlichte Solf eine weitere Stellungnahme und beklagte "das Skandalisieren eines Teilschritts", die "bevormundende und aggressive Art des Verurteilens". Am Ende stünden der Ärger und die Enttäuschung der Jugendlichen, inzwischen sind sie Zehntklässler. Da bleibe nun nicht nur die Diskussion um Tierhaltung und Fleischkonsum, "sondern auch die Erfahrung mit Medien und sozialen Netzwerken".

"Guerilla-Marketing -Kampagnen für Goofy"

Beistand kam unter anderem von Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel, der im Stadtteil Volksdorf wohnt. Goofy sei "wirklich ein Liebling des Dorfes", zitierte die Hamburger Morgenpost den SPD-Mann. Es gebe eine breite Solidarität mit der Schule und dem Museumsdorf "weil dort wirklich Tierhaltung gezeigt wird, wie man sie sich wünscht". Die Tierschützer würden die Falschen bekämpfen. "Bei Tönnies zu demonstrieren wäre ehrlicherweise nachvollziehbar, aber vor dem Museumsdorf nicht." Gemeinsam mit anderen Politikern und Verbänden unterstützt Dressel eine Erklärung zugunsten von Gymnasium und Museumsdorf im Fall Goofy.

Goofy dürfe "jetzt also weiterleben, soll aber in die lebenslange Sklaverei abgeschoben werden", klagt dagegen die Tierschutzstiftung Kuhaltersheim Hof Butenland. Damit werde "dann auch endgültig klar, dass nichts hinter diesem Schulprojekt stand, schon gar kein pädagogisches Konzept." Man hätte den Stier ihnen überlassen sollen, so Butenland, "aber das wird in einer kindisch anmutenden Trotzreaktion als Einknicken vor bösen Veganern gesehen und stattdessen soll Goofy jetzt lieber lebenslang ausgebeutet werden."

Der Hamburger Tierschutzverein erklärte Anfang Dezember, "Goofys Sicherheit ist im Museumsdorf Volksdorf nicht gewährleistet". Es gibt eine Internet-Petition mit mehr als 23 000 Unterschriften, Motto: "Freiheit für Goofy". Tierschützer kündigten "Guerilla-Marketing -Kampagnen für Goofy" an, sie würden "Volksdorf in den nächsten Wochen ganz sicher nicht zur Ruhe kommen lassen". Nun ist fürs Erste eine kleine Kundgebung am Freitag geplant. Ihr Titel: "Fridays for Goofy."

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