Süddeutsche Zeitung

Halloween:Kostümschlacht

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In den USA sind Kostüme oft mutiger als in Deutschland. Selbst Kinder gehen dort als Hillary Clinton zur Halloween-Party. Doch alles hat Grenzen. Gerade wurde eine Maske zurückgezogen.

Von Andrian Kreye

Es gehört sich in demokratischen Breiten nicht, Kindern mit Ressentiments Angst einzujagen. In China droht man den Kleinen zwar noch mit dem weißen Teufel; in Europa und Amerika aber sind der schwarze Mann und die Hexe längst untragbar. Gerade zu Fasching und Halloween begehen Kostümhandlungen trotzdem hin und wieder einen Fauxpas. Nach Protesten in sozialen Netzwerken hat die amerikanische Kaufhauskette Walmart jetzt eine große Hakennase zurückgezogen, die als Accessoire für Scheichverkleidungen im Angebot war.

Nun ist "der Araber" nach 14 Jahren Krieg gegen den Terror in Amerika zwar ein neues rassistisches Klischee. Im Gegensatz zu deutschen Karikaturisten hat die amerikanische Öffentlichkeit jedoch begriffen, dass die arabische Hakennasse ein ebenso finsteres Vorurteil ist wie die jüdische. Weil Halloween aber jedes Jahr wieder ein unterhaltsamer Gradmesser für den Zustand der amerikanischen Volksseele ist, darf man die Maßnahme durchaus als gesellschaftlichen Fortschritt verbuchen. Den auch der Erfolg der Verkleidung als transsexuelle Caitlyn Jenner kaum schmälert. So hoch im Kurs standen die Scheichnasen sowieso nicht. Kassenschlager sind kurz vor dem Wahljahr die Masken der Kandidaten, die den Wählern offenbar größte Furcht einjagen. Fratze des Jahres ist nach jüngsten Untersuchungen der Republikaner Donald Trump. Zweiter Platz ist aus der Riege der Demokraten das eisige Hillary-Clinton-Grinsen. Und auch wenn es an Halloween darum geht, dass Kinder den Nachbarn mit ihren Kostümen so einen Schreck versetzen, dass sie sich den Hausfrieden mit Süßigkeiten erkaufen, sorgt noch ein ganz anderes Ereignis derzeit für kindgerechtere Kostüm-Hits: Zwei Monate vor dem Start des neuen "Star Wars"-Films sind Prinzessin Leia, Yoda und Darth Vader sehr gefragt.

In Deutschland wird man mit den Analysen noch auf den Beginn der Faschingssaison warten müssen. Im deutschen Kostümhandel aktuell erfolgreich: "Clown- und Ringelware".

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Quelle:
SZ vom 29.10.2015
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