Haft wegen Kindesmisshandlung:"Wochenlanges Martyrium"

Mehr als drei Jahre Haft für die Mutter eines siebenjährigen Jungen und ihren Lebensgefährten: Die beiden hatten den Jungen wiederholt schwer gequält.

Sie hat ihren siebenjährigen Sohn seinen Urin trinken lassen und dabei zugesehen, wie ihr Freund ihm mit einem Löffel brutal ins Gesicht schlug.

Haft wegen Kindesmisshandlung: Schaute zu und machte mit, wenn der Lebensgefährte ihren Sohn quälte.

Schaute zu und machte mit, wenn der Lebensgefährte ihren Sohn quälte.

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Am Montag wurde eine 27 Jahre alte Mutter aus Bayern wegen Misshandlung ihres Kindes zu einer Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Ihr 28-jähriger Freund muss für drei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. Außerdem müssen die beiden dem Kind ein Schmerzensgeld in Höhe von 5000 Euro zahlen.

"Ich möchte hinzufügen, dass es mir leidtut", hatte die vierfache Mutter im Anschluss an die Plädoyers vor dem Landgericht Aschaffenburg gesagt. Nach dem Urteil vergrub sie ihr Gesicht in den Händen.

Das Gericht berücksichtigte, dass die beiden Angeklagten die Taten während des Prozesses gestanden und dem Jungen so ersparten, vor Gericht aussagen zu müssen. Außerdem habe auch die schwierige Vergangenheit der jungen Frau bei der Urteilsfindung eine Rolle gespielt.

"Sie kennen meinen Sohn nicht"

Sie sei als Kind von ihren Eltern abgelehnt und von ihrem Bruder gequält worden. "Da merkt man, dass sich Lebenskreise immer wiederholen", sagte die Vorsitzende Richterin. "Wir hoffen, dass Sie zu sich finden in der Haft."

Was die 27-Jährige und ihr Freund getan hätten, sei nicht entschuldbar. Zuvor hatte Staatsanwältin Vera Jansen, die jeweils vier Jahre Haft für die Angeklagten gefordert hatte, die erschreckenden Details der Taten geschildert.

Der kleine Junge wurde im vergangenen Jahr mehrfach in eine Abstellkammer gesperrt, ohne etwas zu essen oder zu trinken zu bekommen. Auch nachts musste er dort bleiben, durfte nicht ins Bett. Die beiden Angeklagten drückten Zigaretten auf seinen Füßen aus und zwangen ihn, seinen Urin zu trinken, bis er erbrach.

Der 28-Jährige schlug ihm mit einem Salatlöffel so heftig ins Gesicht, dass es anschwoll und der Junge seine Augen nicht mehr öffnen konnte. Die Staatsanwältin sprach von einem "wochenlangen Martyrium" und "stumpfer Gewalt gegen den kindlichen Körper".

Der Freund der Mutter, ein Werkzeugmechaniker aus dem hessischen Mühlheim, der wegen verschiedener Verkehrsdelikte vorbestraft ist, hatte die Frau im vergangenen Jahr über das Internet kennengelernt. Das Verhältnis zwischen dem Mann, der mit 40.000 Euro verschuldet ist, und dem Jungen sei von Anfang an schwierig gewesen. Im Prozess hatte der 28-Jährige angegeben, der Junge habe ihn gestört.

"Sie kennen meinen Sohn nicht", hatte die zierliche junge Mutter mit dem langen dunklen Haar gesagt. Zum Zeitpunkt der Taten erwarteten die Angeklagten ihr erstes gemeinsames Kind. Die Lehrerin des misshandelten Jungen hatte den heute Achtjährigen nach Angaben der Staatsanwaltschaft als "ruhiges, überhaupt nicht aggressives, aber wissbegieriges und ständig hungriges Kind" beschrieben. Sie war es auch, die auf die Misshandlungen aufmerksam wurde und die Behörden einschaltete.

Geringes Strafmaß dank Geständnis

Heute gehört der Junge nach Angaben seiner Anwältin Sonja Becker, die im Prozess die Nebenklage vertrat, zu den Besten in seiner Klasse. Er könne sogar wieder lachen. "Er will am liebsten bei seiner Pflegemutter sein, die jetzt seine Mama ist", sagte Becker.

Bei diesen Worten rang die 27-jährige Angeklagte um Fassung, hielt sich die Hand vor die Augen. Der Junge hasse seine leibliche Mutter für das, was sie ihm angetan habe. "Sie ist meine Mutter, aber das hätte sie nicht tun dürfen", zitierte die Anwältin das Kind.

Sie warf den Angeklagten vor, in der Aussicht auf ein mildes Urteil gestanden zu haben. Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung hatten sich darauf verständigt, bei einem Geständnis die Strafen auf vier Jahre Haft zu begrenzen. Daraufhin hatte das Paar nach langem Zögern die Taten eingeräumt. "Es ist noch nicht bei Ihnen angekommen, was da passiert ist", sagte die Anwältin.

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