H5N8:Ein Virus kehrt zurück

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Eine erhebliche Bedrohung für Hausgeflügel: Europaweit sind derzeit mindestens sieben Länder von der Geflügelpest betroffen. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Um die Vogelgrippe irgendwie unter Kontrolle zu bekommen, werden allein in Schleswig-Holstein mehr als 30000 Tiere getötet - in einem einzigen Betrieb. Und das könnte nur der Anfang von weiteren Maßnahmen sein.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Am Wochenende, als das Virus mit besonderer Wucht auch diese Gegend erreicht hatte, fuhren in Schleswig-Holsteins Provinz Einsatzkräfte vor. Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz sperrten den Betrieb in Grumby nahe der kleinen Gemeinde Twedt ab. Die Hallen mit den Schornsteinen sind nur noch hinter Feld und Bäumen zu erkennen. Bis vor Kurzem legten dort 36 000 Hühner Eier, ungefähr 3000 von ihnen waren dem Erreger H5N8 in den vergangenen Tagen erlegen. Am Sonntag dann begann die verordnete Tötung des übrigen Bestandes, um weiteres Sterben in der Umgebung zu verhindern. Es geht um Geflügelpest, auch bekannt als Vogelgrippe.

Mehr als 30 000 Tiere der betroffenen Anlage sollten bis zum Montag im Wasserbad mit Hochstrom gekeult und ihre Kadaver danach in der Tierkörperbeseitigungs-Anstalt in Jagel vernichtet werden. Es ist der Versuch, das Unheil einzudämmen, nachdem die Seuche sogar diese geschlossene Massenzucht erreicht hatte. Unklar ist, wie die Epidemie in dieses abgelegene Unternehmen vordringen konnte. Von einem Defekt der Lüftungsanlage war die Rede. Sicher ist, dass sich die Krankheit dermaßen ausbreitet, dass die Politik den Notfall ausgerufen hat.

Am vergangenen Dienstag war das hoch ansteckende H5N8 zunächst bei verendeten Wasservögeln in Schleswig-Holstein nachgewiesen worden und nachher auch in Bayern, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Seither bestätigte sich der Verdacht auch auf einem Hühnerhof in Vorpommern-Greifswald, einem Putenhof in Lübeck-Ivendorf und nun in Grumby. Europaweit sind mindestens sieben Länder betroffen.

Die Geflügelpest bricht in unterschiedlichen Formen immer wieder aus. Eine Übertragung von H5N8 auf Menschen ist laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) "theoretisch denkbar, aber unwahrscheinlich". Für eine Ansteckung durch andere Subtypen (H5N1, H7N9) sei fast ausschließlich der direkte Kontakt mit infiziertem lebendem Geflügel verantwortlich gewesen. Für eine Infektion durch rohe Eier oder Rohwurst mit Geflügelfleisch gebe es bislang keine Belege. In jedem Fall ist H5N8 eine enorme Bedrohung für Federvieh.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) berief am Samstag den Krisenstab ein. Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck reiste vom Parteitag der Grünen in Münster ab, dabei bewirbt er sich dort um den Parteivorsitz. Eine neue Stufe sei erreicht, sagt Habeck. "Die Situation ist besorgniserregend."

Wer das Gelände in Grumby jetzt noch unbefugt betritt, der muss mit einer Strafe rechnen

Die Zonen mit Stallpflicht wurden bundesweit ausgeweitet, vor allem in der Nähe von Seen und Flüssen. Das soll einer Verbreitung über Exkremente oder Wasser vorbeugen. In Grumby hängt unter dem Ortsschild der Hinweis "Geflügelpest - Sperrbezirk". Der Sperrbezirk gilt für einen Umkreis von drei Kilometern, dazu wurde ein Beobachtungsgebiet mit einem Radius von sieben Kilometern eingerichtet. In dem Gebiet gibt es weitere 43 Geflügelhalter mit 1500 Tieren, mittendrin liegt die Zucht von Grumby.

Deren Gelände darf von Fremden nicht mehr betreten werden - Verstöße können mit Bußgeld geahndet werden, eine Verschleppung des Virus gilt sogar als Straftat. Der Landwirt, dessen Hühner jetzt massenweise getötet werden mussten, soll entschädigt werden. Ungewiss ist, ob das H5N8 bereits weiter getragen wurde - noch am Montag hatte die Hühnerfarm Eier ins nahe Dänemark geliefert.

Das Friedrich-Loeffler-Institut schickt Epidemiologen in den Norden, um die Ursache der Einschleppung zu klären. Habeck kann nur hoffen, dass Grumby ein Einzelfall bleibt. Allein das Töten von 30 000 Tieren sei traurig, sagte Landrat Wolfgang Buschmann dem NDR. Aber der Virus sei halt "nicht einfach mit dem Kescher einzufangen."

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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