Niederlande:Gynäkologe befruchtete Frauen mit seinem eigenen Sperma

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"Zur Zeit der Befruchtung in den 80er Jahren wurde den Wunscheltern geraten, die künstliche Befruchtung mit Spender-Samen zu verschweigen", heißt es in der Erklärung des Krankenhauses, in dem der Arzt tätig war. (Foto: Friso Gentsch/dpa)

In einer Klinik in den Niederlanden hat ein Kinderwunsch-Arzt mindestens 17 Nachkommen gezeugt, ohne dass seine Patientinnen davon wussten.

Ein niederländischer Gynäkologe hat Patientinnen ohne deren Wissen mit seinem eigenen Sperma befruchtet und so mindestens 17 Kinder gezeugt. Die Frauen hätten nichts geahnt und sicher keine Zustimmung gegeben, teilte das Isala-Krankenhaus in Zwolle mit. Der inzwischen verstorbene Arzt war an der Klinik zwischen 1981 und 1993 Spezialist für künstliche Befruchtungen mit Spender-Sperma. Damals waren die meisten Spender anonym.

Das Isala-Krankenhaus in Zwolle, etwa 100 Kilometer östlich von Amsterdam gelegen, machte den Fall - auch im Namen der betroffenen Kinder und der Familie des Arztes - öffentlich. Das Verhalten des Arztes sei "moralisch inakzeptabel", erklärte das Krankenhaus. Man könne nicht zugleich behandelnder Arzt und Spender sein, und schon gar nicht ohne Zustimmung der Patientinnen.

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Der Fall kam durch Zufall ans Licht. Einige der heute erwachsenen Kinder hatten sich unabhängig voneinander auf die Suche nach ihrem biologischen Vater begeben. Ihre DNA-Proben stimmten überein mit denen von anderen Suchenden - und auch mit der DNA-Probe einer Cousine des Arztes. Eine Mutter erkannte sofort den Namen: Es war der ihres damaligen Arztes. Die Kinder informierten dessen Familie, und die gesetzlich anerkannten Kinder des Arztes stimmten einem DNA-Abgleich zu.

Die Eltern der in Zwolle künstlich gezeugten Kinder waren "total ahnungslos", sagte Ina Kuper von der Direktion des Isala-Krankenhauses der Zeitung De Stentor. "Sie gingen von einem anonymen Spender aus." Das Motiv des Arztes ist möglicherweise mit dem damaligen großen Spender-Mangel zu erklären.

"Wir haben nie auch nur eine leise Vermutung gehabt, dass er selbst Spender hätte sein können"

Eine der Mütter sagte der Zeitung: "Der Arzt machte auf uns einen freundlichen, engagierten und integren Eindruck. (...) Wir haben nie auch nur eine leise Vermutung gehabt, dass er selbst Spender hätte sein können." Die Frau wollte nur anonym zitiert werden. Das Krankenhaus schließt nicht aus, dass der Mediziner noch mehr Kinder gezeugt hat. "Zur Zeit der Befruchtung in den 80er-Jahren wurde den Eltern geraten, die künstliche Befruchtung mit Spender-Samen zu verschweigen", heißt es in der Erklärung des Krankenhauses.

Die betroffenen Kinder und die Angehörigen des Arztes hatten den Fall an die Öffentlichkeit gebracht, auch um das Tabu rund um Samenspende zu brechen, wie Ina Kuper von der Krankenhausdirektion sagte. "Die Familien sind auch der Ansicht, dass jedes Kind das Recht hat, seine biologischen Eltern zu kennen."

Die Gesundheitsbehörden wurden informiert. Doch rechtliche Konsequenzen wird der Fall kaum haben. Mögliche Vergehen sind verjährt.

Vor einigen Jahren hatte ein ähnlicher Fall in den Niederlanden für Entsetzen gesorgt. Ein umstrittener Fortpflanzungsmediziner hatte in den 80er- und 90er-Jahren mit seinem eigenen Sperma mindestens 49 Kinder gezeugt, ohne dass die Eltern davon wussten. Allerdings mussten die Kinder, anders als im aktuellen Fall, einen Abgleich mit der DNA des ebenfalls gestorbenen Arztes vor Gericht erzwingen. Anonyme Samenspenden sind seit 2004 in den Niederlanden nicht mehr zulässig.

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