Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Bester Dinge":Unsinn in Überlänge

Nicht ganz so kurze Nachricht aus der bizarren Welt der Auto-Pimper: Das längste Auto der Welt ist nun noch länger.

Von Titus Arnu

Die Spritpreise werden immer höher, die Straßen immer voller und die Luftwerte immer schlechter. In der Konsequenz müssten Autos eigentlich immer kleiner, sparsamer und sauberer werden. Das Gegenteil ist leider der Fall: Pkws werden Verkaufsstatistiken zufolge seit Jahren immer breiter, länger und schwerer. Der BMW X7, Deutschlands dickstes SUV, ist 5,15 Meter lang und zweieinhalb Tonnen schwer, sein 530-PS-Motor verbraucht mehr als zehn Liter Super.

Gegen das längste Auto der Welt ist der BMW X7 allerdings ein popliger Kleinwagen. Der "American Dream", so heißt das superlange Sondermodell, ist 30,54 Meter lang. Die XXXXXL-Stretchlimousine bietet Platz für 75 Fahrgäste, verfügt über ein Schwimmbad mit Sprungbrett, einen Whirlpool, eine Badewanne, einen Minigolfplatz - und eine Plattform, auf der ein Hubschrauber landen kann. Große Menschen müssen sich beim Einsteigen nicht so verrenken wie beim Fiat 500, dafür ist die Parkplatzsuche schwieriger.

Ursprünglich wurde der überlange Wagen 1986 in Kalifornien von dem Autobastler Jay Ohrberg aus einer Reihe von Cadillac-Eldorado-Limousinen zusammengeschweißt. Der Konstrukteur stattete den "American Dream" mit zwei V8-Motoren, 26 Rädern und einem Scharnier aus, damit das Gefährt überhaupt um die Kurve kommt. Das Fahrzeug erwies sich allerdings als etwas unpraktisch im Alltag und rostete jahrelang auf einem Parkplatz in New Jersey vor sich hin. 2019 wurde es von Michael Dezer gekauft, der ein Automuseum in Florida betreibt. Gerüchten zufolge war auch Lang Lang interessiert, aber er zog den Kürzeren.

Anstatt Downsizing zu betreiben, gab Dezer mehr als 250 000 US-Dollar aus, um die Monsterkarre weiter zu pimpen. Die Limousine ist nun noch ein paar Zentimeter länger und hat damit wieder den Titel des "längsten Autos der Welt" beim Guinness-Buch der Rekorde inne. Gut, angesichts der Klimakrise und der Benzinpreisentwicklung könnte man jetzt mal halblang machen. Dieser Text ist sowieso schon länger als üblich. Aber ein paar Zentimeter wertenden Inhalt muss man doch noch anfügen. Die gute Nachricht dieser absurd langen Kurzgeschichte ist: Michael Dezer hat nicht vor, das groteske Gefährt noch mal auf die Straße zu bringen. Der "American Dream" geht zwar in die Verlängerung - aber zum Glück nur im ruhenden Verkehr.

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