Der Juwelendiebstahl von Dresden war einerseits vor allem eine Tat von Profi-Kriminellen. Fünf junge Männer aus einer Großfamilie, die mit mehreren Aufsehen erregenden Straftaten in Verbindung gebracht wird, sollen im November 2019 durch ein vergittertes Fenster ins Grüne Gewölbe gelangt sein, dort mit einer Axt eine Vitrine aufgebrochen und Feuerlöschpulver versprüht haben, um ihre Spuren zu verwischen. Ihre Beute: hundert Schmuckstücke, darunter die Diamantrosengarnitur, die Brillantgarnitur sowie der Diamantschmuck und die Perlen der Königinnen.
Der Juwelendiebstahl war aber auch eine Tat, die Fragen aufwirft. Warum etwa einer der fünf mutmaßlichen Einbrecher erst jetzt gefasst werden konnte - alle anderen waren im vergangenen November während einer groß angelegten Razzia in Berlin festgenommen und nach Dresden überstellt worden, eine weitere Verhaftung folgte im Dezember. Der 22-Jährige, der Zwillingsbruder eines Verhafteten, hatte sich einer Polizeiaktion entziehen können, an der 1600 Beamte aus Sachsen, Berlin und anderen Bundesländern beteiligt waren. Am Montagabend wurde er nun im Rahmen einer Durchsuchung festgenommen und ebenfalls nach Dresden gebracht, wie die Staatsanwaltschaft Dresden mitteilte.
Der junge Mann, nach dem international gefahndet worden war, befand sich genau dort, wo man ihn auch vermutet hatte und wo auch ein Teil seiner Familie lebt: in Berlin-Neukölln. Bereits im Januar war er schon einmal den Ermittlern entwischt. An dem Einsatz am Montag waren nun unter anderem Zielfahnder des Bundeskriminalamts (BKA) und Spezialkräfte der Bundespolizei beteiligt. Dabei wurden laut Staatsanwaltschaft Dresden auch ein Mobiltelefon und Kleidung sichergestellt.
Nach vier Männern wird noch gefahndet
Und das ist nicht der einzige fragwürdige Aspekt in dieser Geschichte. So war einer der fünf mutmaßlichen Einbrecher, ein heute 24-Jähriger, zur Tatzeit wegen eines weiteren spektakulären Coups angeklagt - dem Diebstahl der hundert Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum 2017. Doch sowohl vor als auch während des Goldmünzen-Prozesses durfte der junge Mann trotz mehrerer Vorstrafen auf freiem Fuß bleiben - und konnte seine Zeit möglicherweise für ein paar andere Dinge nutzen: eine Fahrt nach Erlangen 2018 etwa, wo er in eine Firma einbrach, die Hydraulik-Spreizer herstellt, Geräte also, mit denen die Feuerwehr etwa bei Unfällen Autos aufbiegt, mit denen sich aber auch andere Sachen aufhebeln lassen, möglicherweise vergitterte Fenster. Und der junge Mann konnte möglicherweise nach Dresden fahren, um im Grünen Gewölbe zuzuschlagen. Anfang 2020 wurde er wegen des Diebstahls der Goldmünze zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, die er aktuell in Berlin absitzt.
Zu Ende ist die Geschichte mit der Verhaftung des flüchtigen Zwillings noch lange nicht. Seit März wird nach vier weiteren Männern gefahndet, die im Verdacht stehen, den Tatort in Dresden ausspioniert zu haben. Bilder einer Videokamera zeigen die Männer, wie sie die Vitrine eingehend begutachten, aus der dann der Schmuck verschwand. Verschwunden sind nicht zuletzt auch die Juwelen selbst - die Ermittlungen werden noch "erhebliche Zeit in Anspruch nehmen", heißt es aus der Staatsanwaltschaft Dresden.