Die Polizei hat den gesuchten Asylbewerber aus dem westafrikanischen Togo bei einer Großrazzia in der Flüchtlingsunterkunft in Ellwangen gefunden und identifiziert. Etwa 150 Asylbewerber hatten die Abschiebung des 23-jährigen Mannes am Montag mit Gewalt verhindert. Sie umringten laut Darstellung von Zeugen die Streifenwagen, schlugen auf die Autos und bedrängten die Beamten. Später sollen sie mit Hilfe einer Drohung erreicht haben, dass die Schlüssel zu den Handschellen des Mannes überreicht wurden. Der Mann tauchte danach unter. Man habe ihn freigelassen, um eine "massive Eskalation der Situation zu vermeiden", heißt es in einer Mitteilung der Polizei.
Er und 17 andere Bewohner, die in der Vergangenheit wiederholt als Unruhestifter aufgefallen seien, sollen nun in andere Einrichtungen verlegt werden. "Solche Maßnahmen zur Trennung von Unruhestiftern haben bereits in der Vergangenheit zum Erfolg der Befriedung in der Landeserstaufnahmeeinrichtung geführt", teilte die zuständige Polizei in Aalen mit. Die Polizei ermittelt außerdem wegen des Verdachts der Gefangenenbefreiung und des Landfriedensbruchs. Der Gesuchte soll nach dem Dublin-Abkommen nach Italien abgeschoben werden.
Die Polizei ging bei dem Großeinsatz Hinweisen nach, wonach Asylsuchende sich bei künftigen Polizeieinsätzen zusammenschließen und gegen Abschiebungen organisieren wollten. Dies sei bei der gescheiterten Abschiebung deutlich geworden. "Da es zudem ernstzunehmende Aussagen aus der aggressiven Ansammlung gab, dass man sich bei einem erneuten Auftreten der Polizei nicht nur wieder in ähnlicher Form zur Wehr setzen werde, sondern dass man sich durch Bewaffnung auf die nächste Polizeiaktion vorbereiten wolle, sollen im Zuge der Polizeiaktion Waffen und gefährliche Gegenstände aufgefunden und beschlagnahmt werden", hieß es in einer Pressemitteilung vorab.
Die Beamten rückten am Donnerstag mit mehreren Dutzend Mannschaftsbussen an. Die Straßen waren weiträumig abgesperrt. Zu sehen waren Beamte in Schutzkleidung. Sanitäter und Notärzte waren ebenfalls vor Ort. Der Nachrichtenagentur dpa zufolge gab es bei dem Einsatz mehrere Verletzte, mehrere Flüchtlinge sprangen demnach aus den Fenstern der Unterkunft, einige erlitten Blessuren. Auch drei Polizisten wurden verletzt. Polizeipräsident Bernhard Weber verteidigte am Donnerstag den Großeinsatz. "Es besteht die Gefahr von einem rechtsfreiem Raum - das können und wollen wir nicht zulassen." Ein Ziel des Einsatzes sei gewesen, diese Strukturen aufzubrechen. Gegen zahlreiche Verdächtige werde vorgegangen, etwa wegen Drogenbesitzes oder Widerstands gegen die Polizei.
"Versagen des Staates"
Der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Aalen, Bernhard Weber, lobte das Vorgehen der Beamten: "In einer so aggressiven und gewaltbereiten Ausnahmesituation den kühlen Kopf bewahrt zu haben, da kann ich meinen Kollegen nur großen Respekt zollen." Auf die grundsätzliche Abschiebung des Mannes habe der Vorfall keinen Einfluss, sagte Weber: "Das Recht wird durchgesetzt werden, dafür stehen wir." In der Unterkunft in Ellwangen leben derzeit etwa 500 Menschen, vorwiegend stammen sie aus afrikanischen Ländern.
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer sagte bei einer Pressekonferenz in Berlin, er stehe voll hinter den Maßnahmen der baden-württembergischen Polizei. Die Vorgänge in dem Ellwanger Asylbewerberheim seien empörend - "ein Schlag ins Gesicht der rechtstreuen Bevölkerung". In dem Heim sei offenbar das Gastrecht missbraucht worden. "Diese Dinge müssen mit aller Härte und Konsequenz verfolgt werden."
Politiker von Grünen, AfD und FDP fordern die Bestrafung der beteiligten Asylbewerber. "Angriffe auf Polizeibeamte sind nicht hinzunehmen", sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, Uli Sckerl. Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Bernd Gögel, sprach von einem "Versagen des Staates gegenüber den vermeintlichen Schutzsuchenden". Aus Sicht der FDP-Fraktion sind die Zustände alarmierend, wie der Vorsitzende Hans-Ulrich Rülke mitteilte.