Großbritannien:My Darling Wife

Wenn der Rottweiler zum kuscheligen Sheepdog wird: Eine Königin der Herzen ist Camilla auch ein Jahr nach der Hochzeit mit Charles noch nicht - die Briten finden sie aber immer besser.

Wolfgang Koydl

Fred und Gladys sind wieder zu Hause, und wenn man glaubt, was die Leute so sagen, dann haben sie ihre Sache gut gemacht. Fred tappte in kein einziges Fettnäpfchen, was umso bemerkenswerter ist, weil er von ihnen schon immer magnetisch angezogen wurde und weil sie gerade in exotischen Ländern überall zu lauern scheinen.

Gladys wiederum sah einfach gut aus in ihren wallenden Outfits; nicht strahlend wie ein Model, aber aus diesem Alter ist sie ja schon lange raus. Immerhin hatte sie ihre Zehennägel rosa lackiert - wie aufmerksame Berichterstatter notierten, als sie beim Moscheebesuch die Schuhe abstreifte.

Fred und Gladys? Das sind die neuesten Spitznamen, welche die britische Boulevardpresse Prinz Charles und seiner Camilla verpasst hat - und diesmal sind sie sogar liebevoll gemeint. Denn diese etwas altmodischen Vornamen beschwören das Bild eines ebenfalls etwas altmodischen, gutbürgerlichen englischen Ehepaares herauf, das zwar ein wenig verschroben sein mag, aber letztlich doch im Häuschen nebenan wohnen und die Nachbarn zu Tee und Törtchen einladen könnte.

"Ich habe noch immer Vorbehalte gegen eine Königin Camilla", kokettierte die Hofberichterstatterin der Daily Mail. "Aber Königin Gladys?" Ägypten, Saudi-Arabien und Indien waren die Stationen der zweiten Auslandsreise, die der Prince of Wales und seine zweite Frau unternahmen.

Wie schon beim ersten Trip Ende vergangenen Jahres in die USA bemühten sich das Paar, der Hofstaat und die PR-Experten des Prinzen vor allem um eines: Die Erinnerung an Prinzessin Diana zu tilgen und das Image der neuen Frau an Charles' Seite zu verbessern. Aus dem Rottweiler soll, wenn schon nicht ein edler Pudel, so doch ein kuscheliger Sheepdog werden.

Ein Jahr ist es her, dass sich Charles und Camilla in Windsor das Jawort gaben, und obwohl aus der Duchess of Cornwall seitdem kein Glamour-Girl geworden ist, so ist es ihr doch gelungen, ein wenig von ihrem schlechten Image abzustreifen.

"Der Plan ist, die öffentliche Wahrnehmung Camillas umzupolen - von jener Frau, die Dianas Märchenehe zerstörte, hin zu einer zuverlässigen Person, die Charles durch dick und dünn zur Seite stand", umschrieb es ein Angehöriger des Buckingham-Palastes.

"Glauben Sie mir, am Ende wird Camilla als die Frau dastehen, die Charles durch seine dunkelsten Stunden hindurch geholfen hat und ihn erst dazu fähig machte, den Thron zu besteigen." Die Familie jedenfalls scheint Camilla mittlerweile akzeptiert zu haben.

William und Harry, die Söhne Charles' aus der Ehe mit Diana, finden die neue Stiefmama offenbar recht cool. Konkrete Aussagen der Prinzen dazu sind zwar nicht verbürgt, aber die allgegenwärtigen Palast-Korrespondenten der Boulevardpresse behelfen sich wie üblich mit Beobachtungen aus erster oder zweiter Hand. Sogar die Königin, die Camilla einst als "böse Frau" verurteilt hatte, scheint ihren Frieden mit der neuen Schwiegertochter gemacht zu haben.

My Darling Wife

Vielleicht hat sie erkannt, dass Camilla von ihren Interessen her - die Jagd und anderer Zeitvertreib des edleren Landlebens - eher zu den Windsors passt als der flatterige Dauer-Teen Diana. "Camilla ist eine robuste Frau vom Land, die gerne mal einen Gin und Tonic trinkt und die mit der Queen viel gemeinsam hat", beobachtete ein Vertrauter. Manchmal, so raunte er, höben die beiden Damen sogar mal einen trockenen Martini zu viel.

Der Vermählung im Rathaus von Windsor war Elisabeth II. zwar ferngeblieben, aber bei den anschließenden Feierlichkeiten in Windsor Castle hatte sie sich für ihre Verhältnisse sehr warmherzig über Camilla ausgelassen.

Wahrscheinlich durfte es die Schwiegertochter als besondere Auszeichnung betrachten, dass die in den Reitsport vernarrte Majestät sie bei dieser Gelegenheit mit einem Rennpferd verglich, das von Charles zum Sieg geritten wurde: "Mein Sohn ist ins Ziel gekommen mit der Frau, die er liebt. Willkommen im Winner Circle", meinte die Königin.

Seitdem konnte sich die "Duchess of Cornwall and Rothesay, Countess of Carrick and Chester, Lady Renfrew and Lady of the Isles" - wie Camilla offiziell heißt - in königlicher Gunst sonnen: Sie erhielt ein eigenes Wappen (blauer Eber und königlicher Löwe); zu ihrem Geburtstag wurde am Palast die Fahne gehisst, und sogar auf den Balkon von Buckingham Palace wurde Camilla schon geladen, wo sich nur die engere Familie versammeln darf.

Einen weiteren Höhepunkt allerhöchster Gnade konnte die Öffentlichkeit am 1. März in der walisischen Hauptstadt Cardiff bestaunen: Die Königin war zur Eröffnung des neuen Parlamentsgebäudes angereist. Als sie Camilla gegenübertrat, spitzte die Herzogin die Lippen, reckte den Hals und hauchte einen Kuss auf die Wange der Monarchin - und die hielt still.

Ein aufgeräumter Thronfolger

Manche wollen bemerkt haben, dass auch der Thronfolger aufgeräumter und lockerer geworden ist, seitdem er seine Herzensdame ehelichen durfte. Mitunter scheuen sich Fred und Gladys nicht einmal, vor aller Augen hemmungslos miteinander zu flirten oder zu kichern. Er nennt sie stets "my darling wife", was ihm für Diana nie über die Lippen gegangen wäre, und sucht ihr - wie ein Höfling der Presse mitteilte - jeden Wunsch von den Augen abzulesen: "Er möchte die dunklen Jahre wieder gutmachen, als sie Staatsfeind Nummer eins war und sie mit Großzügigkeit überschütten."

In der Öffentlichkeit scheint das Projekt "Makeover for Camilla" nur bedingt Erfolg gehabt zu haben. Jüngste Umfragen belegen, dass sich ihre Sympathiewerte bei den Briten seit der Hochzeit zwar verdoppelt haben. Sie sei, so 52 Prozent der Befragten, "ihr Geld wert" - und ein schöneres Kompliment kann es in dieser mitunter puritanisch-sparsam angehauchten Nation nicht geben.

Als Königin wollen sie die meisten dennoch nicht sehen - 56 Prozent der Befragten meinten, es reiche völlig, wenn sie nicht mehr als die Ehefrau des Monarchen bleibe. Das ist der Status, den auch Prinz Philip, der Mann der Königin, hat.

Was freilich gut ankommt, ist die Tatsache, dass Camilla die neue Popularität nicht in den Kopf gestiegen zu sein scheint. Obwohl sie unlängst zu einer der elegantesten Frauen Großbritanniens gewählt wurde, ist sie selbst nicht überzeugt davon, dass sie diese Ehre verdient.

Als ihr die Schauspielerin Elaine Stritch ein Kompliment zu einem fuchsienroten Ensemble machte, erwiderte sie trocken: "Hat wahrscheinlich dieselbe Farbe wie mein Gesicht." Und als Stritch beteuerte: "Erzählen Sie keinen Blödsinn, Sie sehen toll aus", hielt ihr Camilla nur entgegen: "Sie brauchen eine Brille."

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