Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Hühnchen-Notstand wegen DHL

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Von Björn Finke, London

Es gibt keine Hühnchen, und Deutsche tragen Schuld daran: In Großbritannien und Irland ist in Hunderten Filialen der Fast-Food-Kette Kentucky Fried Chicken (KFC) das Fleisch ausgegangen. Am Samstag berichtete das amerikanische Unternehmen erstmals über den Chicken-Notstand, nun heißt es, dass die Probleme bis Ende der Woche andauern könnten. Die Deutsche-Post-Tochter DHL ist seit einer Woche dafür zuständig, die 900 Filialen im Vereinigten Königreich und in Irland zu beliefern. Diese Aufgabe scheint die Logistiker zu überfordern, Transporte sind verspätet und unvollständig. Am Dienstag blieben daher mehr als 500 Filialen geschlossen, denn Hühnchen sind nun einmal das wichtigste Gericht in den Frittierbuden von Kentucky Fried Chicken.

DHL erhielt den Auftrag im November, vorher hatte ein Konkurrent die Läden mit Lebensmitteln und Verpackungen versorgt. Damals jubelte die Deutsche Post, die Zusammenarbeit werde "einen neuen Maßstab für die Belieferung von KFC mit frischer Ware setzen". Doch der Wechsel zu DHL setzt nun Maßstäbe dafür, was bei aufwendigen Logistikprojekten schiefgehen kann. Die Bonner haben sich inzwischen entschuldigt. In einer Mitteilung ist die Rede von "Störungen in den Betriebsabläufen" - eine Formulierung, die bisher vor allem von der Deutschen Bahn bekannt war. Es werde mit Kentucky Fried Chicken und Quick Service Logistics (QSL), einer Firma, mit der DHL zusammenarbeitet, "unter Hochdruck" nach Lösungen gesucht, heißt es. QSL ist ein Spezialist für Lebensmitteltransporte.

Kentucky Fried Chicken warnt auf seiner britischen Internetseite, dass manche Filialen derzeit nur eine eingeschränkte Auswahl anbieten, früher zumachen oder gar nicht erst öffnen. Es sei "ziemlich kompliziert", frische Hühnchen in 900 Restaurants zu bringen, und beim neuen Logistikpartner DHL gebe es "einige Kinderkrankheiten". Ein Sprecher von KFC sagt, es würden nun jeden Tag mehr Lieferungen geschafft. Trotzdem erwarte er, dass die Störungen die Woche über andauern würden. Der Konzern hat seine Mitarbeiter aufgerufen, Urlaub zu nehmen, während die Filialen geschlossen sind. In Großbritannien beschäftigen die Firma und ihre Franchise-Nehmer mehr als 24 000 Angestellte. Die Kette eröffnete im Königreich vor mehr als 50 Jahren ihr erstes Restaurant außerhalb Nordamerikas.

Ein Gewerkschaftsvertreter behauptet, er habe KFC bereits vor Monaten gewarnt, dass der Wechsel zu DHL Probleme bereiten werde. Mick Rix von der Gewerkschaft GMB sagt, dass der vorherige Partner Bidvest Logistics die Filialen im Königreich von sechs Verteilzentren aus versorgt habe. DHL nutze nur ein Lagerhaus, und dort herrsche "heilloses Durcheinander". Die Tochter der Deutschen Post habe ein günstigeres Angebot abgegeben und viele Versprechen gemacht, die nicht eingelöst werden könnten.

Bidvest habe wegen des verlorenen Auftrags 255 Jobs gestrichen, klagt der Gewerkschafter.

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Quelle:
SZ vom 21.02.2018
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