Großbritannien:Harte Zeiten für William

Der Prinz ist als erster britischer Thronerbe in die Militärakademie Sandhurst eingerückt, sonderlich nett wird trotzdem keiner zu ihm sein. Bruder Harry hat im vorsorglich ein paar Tipps auf den Weg gegeben.

Wolfgang Koydl

Ein gutes Bügeleisen nebst Bügelbrett hätte Prinz William schon dabei haben sollen, als er an diesem Sonntag in der noblen britischen Militärakademie Sandhurst seinen einjährigen Offizierslehrgang angetreten hat. Und auch ein Mini-Staubsauger könnte ihm gute Dienste leisten, schließlich müssen nicht nur seine drei Uniformen jederzeit makellos knitterfrei gebügelt sein; auch seine mönchszellenkleine Stube muss zu jeder Tages- und Nachtzeit tipptopp sauber sein.

Derart gute und wichtige Ratschläge hatte Williams kleiner Bruder Harry mit auf den Weg bekommen, als er vor etwas weniger als einem Jahr als erster königlicher Spross nach Sandhurst ging. "Ich bin sicher, dass sein Bruder ihm den einen oder anderen Tipp weitergegeben hat", mutmaßte der Kommandant der Akademie, Generalmajor Andrew Ritchie. Aber auf dem Gelände der Militärhochschule dürften die beiden Prinzen nur wenig Kontakt miteinander haben, bevor Harry als Erster der beiden im April mit einem Offizierspatent entlassen wird. Dann wird der Ältere vor dem Jüngeren salutieren und ihn mit "Sir" anreden müssen.

Offizierskadett für 44 Wochen

William wird das nicht viel ausmachen. "Deshalb habe ich schließlich meinen Bruder als Versuchskaninchen vorausgeschickt", witzelte er kürzlich in einem Interview. Er wünsche es auch gar nicht, "in Watte gepackt zu werden". Er fände es "absolut erniedrigend", wenn er nicht dieselben Dinge tun dürfe wie die anderen Männer und Frauen seines Lehrganges, betonte der 23-Jährige.

Hart genug wird es für ihn schon werden. Er mag zwar der erste Thronfolger in der britischen Geschichte sein, der in Sandhurst nach allen Regeln der britischen Militärkunst geschliffen wird; aber Ausnahmen werden für ihn genauso wenig gemacht werden wie für Prinz Harry. "Prinz William mag zwar einmal Oberbefehlshaber der Streitkräfte sein", meinte denn auch Generalmajor Ritchie, aber in Sandhurst werde er behandelt werden wie jeder andere Kadett auch.

"Hier wird soviel königliches Blut aus aller Welt durchgeschleust, da sind die Ausbilder schon daran gewöhnt", erklärte ferner ein Offiziersabsolvent der Presse. "Den Feldwebeln ist es egal, wen sie anschreien", ergänzte er. Sicher ist auch, wie sie Prinz William anschreien werden. "Die Ausbilder und Feldwebel rekrutieren sich aus den allerbesten Armeeangehörigen und sie haben mit allen möglichen Männern und Frauen zu tun, da bin ich sicher, dass sie es schon richtig machen", meinte Kommandant Ritchie. Williams offizielle Anrede für die nächsten 44 Wochen ist ein dezidiert unroyales "Offizierskadett Wales".

Harte Zeiten für William

Am schlimmsten sind erfahrungsgemäß die ersten fünf Wochen in Sandhurst. In dieser Zeit ist jeder persönliche Kontakt zur Außenwelt untersagt; nicht einmal Fotos von Angehörigen und Freunden, kein Handy oder auch nur ein Radio sind auf der Stube gestattet. Die Prinzen haben immerhin den Vorteil, dass sie in einigen Räumen einen Blick auf ihre Großmutter erhaschen können: Mit Sicherheit werden Porträts von Königin Elisabeth II. die Wände der Akademie schmücken.

Geweckt werden die Kadetten um genau 5.20 Uhr morgens - und zwar nicht romantisch mit einem Trompetensolo, sondern vom ohrenbetäubenden Geräusch blecherner Mülleimerdeckel, die zusammengeschlagen werden. Viel Schlaf haben sie bis dahin nicht gehabt, denn selten kommen sie vor Mitternacht ins Bett. "Wir kriegen hier meistens junge Männer und Frauen, die gewöhnt sind, fünf Stunden zu arbeiten und 20 Stunden zu schlafen", beschrieb es ein Ausbilder mit einem eigenwilligen Verhältnis zur Zeit. "Wir drehen dieses Verhältnis um."

"Liegestützen üben"

Die Königliche Militärakademie Sandhurst ist erst nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahre 1947, gegründet worden. Sie ging aus zwei Vorläufer-Institutionen hervor - der 1741 ins Leben gerufenen Militärakademie von Woolwich und dem 1800 gegründeten Militärcollege. Offiziere für den Einsatz auf dem indischen Subkontinent wurden bis 1860 übrigens privat ausgebildet: Die Ostindien-Kompagnie, welche Britisch-Indien verwaltete, unterhielt ihr eigenes Militärseminar.

Am Drill freilich hat sich in den vergangenen 150 Jahren nichts Wesentliches verändert. Und so wird auch Prinz William lernen, wie man schießt, wie man mit schwerem Feldgepäck meilenweit durchs Gelände hetzt, und wie es sich anfühlt, wenn man sich plötzlich inmitten eines Aufstandes zorniger Zivilisten befindet.

Ganz nebenbei sollte er noch einen Rat beherzigen, dem man auch schon Bruder Harry erteilt hatte: "Liegestützen üben."

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