Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Die Kehrseite des Diplomatenlebens

Wie weich muss Klopapier sein, das Regierungs-Angestellte benutzen? Über diese Frage haben britische Behörden 18 Jahre lang gestritten.

Es begann 1963. In diesem Jahr wandte sich der Londoner Arzt John Hunt mit folgenden Worten an den Gesundheitsdienst der britischen Regierung: "Einer meiner Patienten ist der Ansicht, dass das Regierungs-Klopapier veraltet und extrem unzuträglich für sein Leiden (Hämorrhoiden) ist."

Sein Schützling war Sir John Pilcher, der damalige britische Botschafter in Österreich. Der besorgte Arzt stellte sich die Frage, "ob es Chancen gibt, das Papier gegen ein weicheres Modell auszutauschen."

Dem Schreiben folgte ein lebhafter Schriftverkehr. Daran beteiligt waren streitbare Gewerkschaften und die für sämtliches Regierungs-Klopapier verantwortliche Königliche Papierwaren-Behörde. Auch die britische Schule für Hygiene und Tropenmedizin meldete sich zu Wort.

Schließlich wechselten die Behörden von ultrahartem Billig-Papier zum weicheren, aber immer noch rustikalen Krepp. Ob sich Sir John Pilcher damit wohler fühlte, ist zu bezweifeln.

1980 wurde es dann wissenschaftlich: Ein Team von Seuchenmedizinern kam zu dem Schluss, dass weiches Toilettenpapier hygienischer ist. Das Soft-Papier hielt ein Jahr danach endlich Einzug auf britischen Behörden-WCs. Seither geht es sicherlich (nicht nur) den Diplomaten deutlich besser.

Der 18-jährige Briefverkehr zum Toilettenstreit gehört zu 50.000 Akten, die infolge eines Gesetzes über den Zugriff auf Behördendokumente seit Jahresbeginn zugänglich gemacht wurden.

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AFP
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