Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Asylbewerber hinter die rote Tür

"Geheime Politik der Apartheid"

In der englischen Stadt Middlesbrough sind Asylbewerber offenbar gezielt in Wohnungen mit roten Türen untergebracht worden. Sie seien wegen der leichten Identifizierbarkeit zum Ziel mehrerer Attacken wie Eier- und Steinwürfen geworden, berichtet die Londoner Zeitung Times, die die Geschichte aufgedeckt hat. Reporter besuchten demnach 168 Häuser in der nordenglischen Großstadt, wovon 155 rote Türen hatten. Sie sprachen außerdem mit 66 Bewohnern der Häuser mit roten Türen - 62 von ihnen waren Asylbewerber, zwei waren ehemalige Asylbewerber und nur zwei britische Bürger.

Es handelt sich um von der Firma Jomast betriebene Unterkünfte. Jomast ist ein Subunternehmen des weltweit tätigen Sicherheitskonzerns G4S. Dieser wies die Vorwürfe zurück: Es gebe "absolut keine Strategie", Asylbewerber hinter roten Türen unterzubringen, sagte G4S der BBC zufolge. Jomast betreibe sowohl private, als auch Asylunterkünfte - beide besäßen rote Türen.

Großbritanniens Einwanderungsminister James Brokenshire zeigte sich "tief besorgt" über den Skandal. Bei der Times ist die Rede von einer "geheimen Politik der Apartheid", ein früherer Abgeordneter habe die roten Türen außerdem mit den gelben Sternen verglichen, die Juden im Dritten Reich zwangsweise zu ihrer Kennzeichnung tragen mussten.

Mehrere Asylbewerber klagten die Praxis an: "Sie stecken uns hinter rote Türen. Wenn die Leute sie sehen, wissen sie, dass wir Asylsuchende sind. Es ist, als würden sie sagen: Wir sind nicht wie ihr."

Der Betreiber der Unterkünfte will die Türen jetzt neu streichen lassen.

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