Kunst und Politik:Summen verboten

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Keine Partei soll seine Musik nutzen, sagt Herbert Grönemeyer. (Foto: Philipp von Ditfurth/picture alliance/dpa)

Herbert Grönemeyer hat nach der CDU auch den Grünen die Nutzung seiner Musik untersagt. Über die stete Gefahr der Kunst, durch die Politik vereinnahmt zu werden.

Von Martin Zips

Der Wrestler Hulk Hogan hat gar nichts gegen eine gewisse Nähe zur Politik. Im Gegenteil. Im Madison Square Garden trat er zuletzt auf die Wahlkampf-Bühne und zerriss sich vor einer begeisterten Menge von Donald-Trump-Anhängern, wenn auch mit erkennbarer Mühe, sein grellrotes T-Shirt.

Andere, die in der Öffentlichkeit stehen, mögen es hingegen gar nicht, sich politisch verorten zu lassen. Adele, Phil Collins und Abba etwa untersagten den Republikanern die Verwendung ihrer Musik. Und in Deutschland ermahnte Herbert Grönemeyer – sein Album „Mensch“ ist bis heute mit 3,15 Millionen Kopien das meistverkaufte deutschsprachige – vor einigen Tagen die CDU. Ende Oktober war sein im Jahr 2006 veröffentlichter Song „Zeit, dass sich was dreht“ auf einer Veranstaltung der Jungen Union in Halle in Sachsen-Anhalt beim Einmarsch des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz zu hören. Jetzt darf auch der Kanzlerkandidat der Grünen das Lied nicht mehr verwenden: Robert Habeck hatte es vorige Woche in einem elfsekündigen, auf X geposteten Video gesummt. Offenbar war der Wirtschaftsminister davon ausgegangen, dass der 68-jährige Bochumer seiner Partei nähersteht als der Union. Doch die Rechnung ging nicht auf: Grönemeyer, so hieß es aus einer Berliner Anwaltskanzlei, wünsche grundsätzlich nicht, dass seine Person oder seine Lieder von politischen Parteien zur Wahlwerbung vereinnahmt würden.

Taylor Swift flog ihre Nähe zur Politik um die Ohren

Tatsächlich kann Künstlerinnen und Künstlern die Nähe zur Politik zum Verhängnis werden. Nicht nur nach dem Zusammenbruch von Diktaturen, auch Taylor Swift und Beyoncé flog ihr Engagement für die demokratische Kandidatin Kamala Harris im US-Wahlkampf im Nachhinein um die Ohren. Der gehässige Spott auf republikanischer Seite ist noch immer groß. In Deutschland verwaltet meist die Gema die Lizenzen. Dass sich hierzulande ein Künstler wie Grönemeyer persönlich und vehement gegen die Nutzung eines seiner Lieder durch summende Vertreter demokratischer Volksparteien wehrt, erscheint neu.

Denen, die die Musik verwenden, geht es um eine Botschaft, ein Lebensgefühl: Angela Merkel etwa wünschte sich zum Großen Zapfenstreich 2021 von der Bundeswehrkapelle das Nina-Hagen-Lied „Du hast den Farbfilm vergessen“, eine charmante Regimekritik an der DDR aus dem Jahr 1974, komponiert von Michael Heubach und getextet von Kurt Demmler. Auch wenn es sich hier nicht um eine Parteiveranstaltung handelte (Merkel hatte sich für die Nutzung eines Tote-Hosen-Songs auf einer CDU-Wahlparty schon mal den sehr lauten Protest von Campino eingefangen – und sich anschließend telefonisch bei ihm entschuldigt): Die „Farbfilm“-Rechteinhaber hätten gegen die Zapfenstreich-Aufführung auch vorgehen können, wie der langjährige Bundeswehr-Kapellmeister und Komponist Hans Orterer erklärt. „Frei verfügbar ist ein Lied nur dann, wenn der Künstler mehr als 70 Jahre tot ist. Man sollte also in jedem Fall vorher fragen, bevor man irgendwas hernimmt. Und nebenbei: Wer als Politiker ein Lebensgefühl vermitteln möchte, da gibt es schon noch andere Möglichkeiten als immer nur den Grönemeyer.“

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