Griechenland-Krise:Australier will weinendem Griechen die Rente zahlen

Griechenland-Krise: Am Boden zerstört: Rentner Giorgos Chatzifotiadis

Am Boden zerstört: Rentner Giorgos Chatzifotiadis

(Foto: AFP)

Das Bild des weinenden griechischen Renters vor einer Bank wurde zum Symbolbild der griechischen Krise. Jetzt will ihm ein Mann helfen - von der anderen Seite der Welt.

Von Deniz Aykanat

Inmitten der offenen Hemden von Tsipras, des behelmten Varoufakis und all der "Ja"- und "Nein"-Demonstranten in Griechenland ist da dieser alte Mann. Der Rentner Giorgos Chatzifotiadis sitzt vor dem Eingang einer Bank in Thessaloniki. Die Beine von sich gestreckt. Das Gesicht im Weinkrampf verzerrt. Die Hand im Begriff an die Stirn zu wandern. So wie es Menschen machen, wenn sie nicht fassen können, was in ihrem Leben gerade passiert.

Das Foto stammt von Sakis Mitrolidis, einem Fotografen der Nachrichtenagentur AFP. Die Bilder und was er über den Mann in Erfahrung bringen kann, werden im Internet schnell zum Symbol für das Leid, das die Krise über viele griechische Bürger gebracht hat.

Und was danach passiert, zeigt, dass Solidarität manchmal sehr weite Wege zurücklegen kann.

Es ist der 3. Juli, Tag fünf der Kapitalkontrollen, für jeden griechischen Bürger gibt es am Automaten nur noch maximal 60 Euro am Tag. Chatzifotiadis will die Rente seiner Frau bei der Bank abholen. Es ist ohnehin nicht viel, gerade einmal 120 Euro. Viele griechische Rentner besitzen keine Kredit- oder EC-Karte. An drei Bankfilialen wird der 77-Jährige abgewiesen. Als es auch bei der vierten Bank kein Geld gibt, bricht er zusammen.

Dem Fotografen erzählt er später, was ihn eigentlich so fertig macht. Es ist nicht in erster Linie seine eigene Situation: "Ich sehe, wie meine Mitbürger um ein paar Cents für Brot betteln. Ich sehe mehr und mehr Suizide, ich bin eine sensible Person. Ich kann es nicht ertragen, mein Land so leiden zu sehen."

Tausende Kilometer entfernt, in Australien, lösen sie bei dem Unternehmer James Koufus zunächst etwas ganz anderes aus: Er erkennt den Mann. "Er kam mir bekannt vor. Das Bild traf einen Punkt, es berührte mich", sagte er der Zeitung The Australian. Koufus ist Australier mit griechischen Wurzeln, schnell findet er heraus, dass sein Vater und der weinende Mann auf dem Foto einst in demselben Dorf in Griechenland lebten. Und dass sie Freunde waren.

Koufus Vater starb vor 18 Monaten und vererbte ihm ein Vermögen. Davon will er dem Renter Chatzifotiadis nun etwas abgeben. Dem Nachrichtenportal news.com.au zufolge will Koufus dem 77-Jährigen 250 Euro pro Monat Rente zahlen - "so lange wie nötig."

Auf Facebook startet der Australier seine Suche nach dem Rentner. "Ich werde es niemals zulassen, dass ein griechischer Bruder, ein hart arbeitender, stolzer Mann hungern muss", heißt es auf seiner Facebook-Seite. Dutzende Menschen melden sich bei Koufus, um ihm bei der Suche nach Chatzifotiadis zu helfen. Mit Erfolg. Laut news.com.au kann er den Mann ausfindig machen. Diesen Samstag will er ein Flugzeug nach Griechenland besteigen.

Warum er diesen Aufwand betreibt, um einem ihm unbekannten älteren Herren zu helfen? "Mein Vater hätte es so gewollt", sagt Koufus.

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