Süddeutsche Zeitung

Klimakrise:Das war Gretas Amerika-Reise

Sie wurde wie ein Rockstar gefeiert, redete bei einer UN-Konferenz, traf Leonardo DiCaprio und fuhr in Arnold Schwarzeneggers Elektroauto umher. Die Stationen ihrer Reise.

Von Christian Zaschke, New York

Auf dem Hinweg nach Amerika, erzählte Greta Thunberg, sei sie nicht ein einziges Mal seekrank geworden. Das könnte sich auf dem Rückweg ändern. Seit Mitte der Woche segelt die 16 Jahre alte Klimaaktivistin an Bord des Katamarans La Vagabonde in Richtung Europa - und inmitten der Herbststürme dürfte das ein phasenweise ungemütlicher Trip werden.

Am 28. August hatte Thunberg nach zwei Wochen auf See an Bord der Rennyacht Malizia II New York erreicht. Wie sie zurückkommen sollte, blieb zunächst offen. Sicher war allein, dass sie an der UN-Vollversammlung in New York und an der UN-Klimakonferenz COP25 in Chile teilnehmen wollte. Da die am 2. Dezember beginnende Klimakonferenz jedoch nach Madrid verlegt wurde, hatte Thunberg ein Problem. Wegen der Emissionen fliegt sie grundsätzlich nicht. Wie aber sollte sie nun nach Madrid kommen?

Die australischen Weltumsegler Riley Whitelum und Elayna Carausu boten ihre Hilfe an. Von Virginia an der amerikanischen Ostküste bringen sie Thunberg jetzt nach Portugal. Mit an Bord sind außerdem Lenny, der elf Monate alte Sohn des Paares, die britische Profiseglerin Nikki Henderson und Thunbergs Vater Svante. Whitelum und Carausu berichten von ihren Abenteuern auf einem Youtube-Kanal, den mehr als 1,1 Millionen Menschen abonniert haben. Diese Zahl dürfte im Lauf der Reise steigen.

Hinter Thunberg liegen ereignisreiche Wochen. Sie wurde wie ein Rockstar gefeiert, und tatsächlich glich ihre Reise der Tournee einer Band, die es jetzt in Amerika schaffen will. In New York hielt sie bei den UN ihre große "How dare you"-Rede: Wie könnt ihr es wagen, rief sie den Staats- und Regierungschefs zu, die Erde so zu vernachlässigen? Ihre Anhänger feierten die Rede als Schlüsselmoment des frühen 21. Jahrhunderts. Bei einem Abstecher nach Washington beschied sie den Abgeordneten im Kongress: "Ihr tut nicht genug. Sorry."

Anschließend begab sie sich in einem Elektroauto auf große Fahrt. Den Wagen hatte Arnold Schwarzenegger organisiert. In Montreal traf sie Kanadas Premier Justin Trudeau. Der versprach, zwei Milliarden Bäume zu pflanzen. In North und South Dakota demonstrierte sie mit amerikanischen Ureinwohnern gegen den Bau einer Pipeline. Anlässlich ihres Besuchs in Edmonton hatte der Straßenkünstler AJA Louden ihr Porträt auf eine Wand gemalt; es wurde nach zwei Tagen übersprüht. In Vancouver erreichte sie den Pazifik.

Von dort tingelte sie die Küste hinunter bis nach Los Angeles. Hier traf sie Schwarzenegger, die beiden unternahmen eine Radtour. Außerdem traf sie den Schauspieler Leonardo DiCaprio, der sich mit einer Stiftung für den Klimaschutz einsetzt. DiCaprio nannte sie "eine Anführerin unserer Zeit". In der Talkshow von Ellen DeGeneres bekräftigte sie, den US-Präsidenten Donald Trump nicht treffen zu wollen. Das wäre "Zeitverschwendung", sagte sie.

Dass sie es rechtzeitig zum Beginn der UN-Klimakonferenz nach Madrid schafft, ist unwahrscheinlich. Die La Vagabonde ist langsamer als die Malizia II, außerdem wird das Wetter schlechter sein. Dafür ist das Leben auf dem 16 Meter langen Katamaran komfortabler als auf der Rennyacht. Mindestens drei Wochen dürfte die Crew für die Überfahrt brauchen. Die Konferenz dauert bis zum 13. Dezember, immerhin ein paar Tage sollte Greta Thunberg also an der Konferenz teilnehmen können.

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Quelle:
SZ vom 16.11.2019
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