Google arbeitet weiter daran, die babylonische Sprachverwirrung auf dieser Welt zu beheben: Seinem Übersetzer hat das Unternehmen 110 neue Sprachen und Dialekte hinzugefügt. Tibetisch und Sizilianisch sind darunter, aber auch Sprachen, deren Bezeichnung man schon kaum als solche erkennt. Wiesenmari zum Beispiel ist keine Figur aus einem Alpenroman, sondern ein Dialekt, der hauptsächlich in der autonomen Republik El Mari in Ostrussland gesprochen wird. Und Iban ist keine internationale Kontonummer, sondern die Sprache der gleichnamigen indigenen Volksgruppe auf Borneo.
243 Sprachen sind künftig in dem Onlinedienst verfügbar. Damit kann man sich in einigen entlegenen Orten der Erde verständigen. Doch eine indigene Volksgruppe ist nach wie vor unverständlich für die KI. Es handelt sich um die Schwaben, überwiegend ansässig im Süden Deutschlands und in Prenzlauer Berg.
Tippt man die essenziellen Vokabeln „Muggabaddschr“ (Fliegenklatsche), „Butzamäggeler“ (Nasenpopel) und „Gräbele“ (Ritze im Doppelbett) ein, so bleibt die Übersetzung zwar gleich, der Onlinedienst erkennt aber als Sprache: Englisch. Bei „Äffle“ und „Pferdle“ ebenso. So ein „Daggl“, wird der Schwabe nun über den Übersetzer denken, doch auch das erkennt der nicht als mittelschwere schwäbische Beleidigung, sondern als ein Wort in Somali. Die Steigerung „Grasdaggl“ übersetzt er prompt aus Afrikaans mit „Grastag“. Da hilft nur noch der Superlativ „Granadadaggl“, womit der Übersetzer dann bei Hindi angelangt wäre.
Der Schwabe ist nun „bruddlig“ (schlecht gelaunt, oder Norwegisch: heftig). Er beschimpft Google als „Seggel“ (Depp, oder Ungarisch: mit Hilfe) und als „Balla“ (ungeschickter Mensch, oder Irisch: eine Mauer). Klar ist für ihn: Der Übersetzer ist kein „Käpsele“ (schlauer Mensch, oder Estnisch: für ein Pastetchen). Das kann nur ein „Neigschmeckter“ sein. Und damit ist nicht das luxemburgische Wort für „geschmackvoll“ gemeint, sondern die schwerste schwäbische Beleidigung für Zugezogene.
Weitere Folgen der Kolumne „Bester Dinge“ lesen Sie hier.