Süddeutsche Zeitung

Aus der Reihe "Ein Anruf bei ...":Warum die Göttinger Polizei sich mit Plastikflamingos beschäftigt

Lesezeit: 2 min

Eine Serie kurioser Funde beschäftigt seit Januar die Ermittler in der niedersächsischen Stadt. Was hat es damit auf sich?

Interview von Max Sprick

"Die Serie an kuriosen Funden geht weiter", meldete die Göttinger Polizei am Dienstag. Im Januar ermittelten die Beamten im Fall einer goldenen Jesusfigur auf einer Parkbank, im Mai folgten ein flauschiges Kaninchen und die naturgetreue Nachbildung eines blutverschmierten Frauenkopfs. Am Sonntag meldete eine Rentnerin um kurz vor Mitternacht, dass 23 Plastikflamingos in ihrem Garten stünden. Polizeisprecherin Jasmin Kaatz hat viel zu erklären derzeit.

SZ: Frau Kaatz, was hat es mit den Flamingos auf sich?

Jasmin Kaatz: Der Fall ist möglicherweise aufgeklärt, es rief eine Dame vom Landeskirchenamt Hannover an. Die verleihen solche Sachen für Spendenaktionen. Details kenne ich noch nicht, um 12 Uhr holt eine Pastorin die Viecher ab.

Eine Pastorin?

Die Hannoveraner haben die Flamingos wohl an eine Kirchengemeinde aus Göttingen verliehen, die damit eine Fundraising-Aktion starten will. Das ist so 'ne Geschichte aus den USA, da stellt man was in Vorgärten auf, die Bewohner können dann pro Teil spenden oder so. Für uns ist das ganz neu, am besten rufen Sie später noch einmal an.

Mache ich gerne.

Vier Stunden später...

Was ist denn nun mit den Flamingos?

Bis eben standen sie im Innenhof der Dienststelle, da haben sie farblich gut hingepasst. Ich hätte sie ja gerne behalten. Schade eigentlich. Na ja, nun haben wir Gewissheit.

Erzählen Sie.

Der Pastorin war das recht unangenehm. Sie dachte eigentlich, sie hätte mit zwei Ankündigungen im Gemeindeblättchen ausreichend bekannt gemacht, dass der Gemeindesaal restauriert und dafür Geld gesammelt wird. Dazu sollen die Flamingos in Gärten der Gemeindemitglieder aufgestellt, pro Flamingo soll ein Euro gespendet werden. Nur das betagte Ehepaar, das unten im Haus eines Kirchenvorstandsmitglieds wohnt, hat das nicht mitbekommen.

Also kein Serientäter?

Nein, nein. Die Taten hängen nicht zusammen, aber kurios sind sie trotzdem, nicht nur wegen der Objekte.

Warum noch?

Vier Vorfälle in diesem Jahr - und jedes Mal war dieselbe Dienststelle betroffen.

Könnte ein Kollege Schabernack treiben und die Objekte extra auslegen?

Ganz sicher nicht! Damit ist ja auch Arbeit verbunden, da muss jedes Mal ein Schriftverkehr angefertigt werden.

Die Fälle mit dem Gold-Jesus und dem Kaninchen sind auch aufgeklärt. Was aber ist mit dem blutigen Frauenkopf?

Der liegt hier neben mir. Da hatte sich ein Interessent gemeldet, der ihn aber noch nicht abgeholt hat. Ich muss ihn mal anrufen. Sonst landet dieser makabre Kopf im Müll.

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Quelle:
SZ vom 13.06.2019
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