Glamorama:Wein predigen, Wasser trinken

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Auch Kurienerzbischof Georg Gänswein, 59, hat große Vorsätze.

(Foto: action press)

Die Fastenzeit beginnt: Logisch, dass die Prominenten nun überall ihre Vorsätze verraten. Aufhorchen ließ dabei besonders Kirchenmann Georg Gänswein mit einem mutigen Plan.

Von Martin Wittmann

Prost, Mahlzeit? Beides erst mal vorbei. Seit Aschermittwoch wird flächendeckend gefastet und ausgenüchtert. Die FdH-Aktie fliegt jetzt noch higher als die der AfD, gegen die lustfeindliche Volksbewegung ist selbst der Stern machtlos. "Drogen sind Teil unserer Kultur", betont da ein einschlägiger Forscher und denkt sicher sorgenvoll ans gefährdete Abendland. Er verspricht, dass sich verantwortlicher Konsum erlernen lasse. Dieser Leserservice zum richtigen Berauschen wird allerdings nicht angenommen - die sturen Deutschen bleiben in der Fastenzeit sauber. Daran ändert auch der Sucht-Experte in der Welt nichts, der vor Alkoholverzicht in der Fastenzeit warnt. Vorsätze für eine Kurzzeitabstinenz seien unter Umständen "eher ein Warnsignal", sagt er. Dies könne ein Anzeichen für Sucht sein. Ein Mann solle täglich aber auch nicht mehr als 30 Gramm reinen Alkohol zu sich nehmen, für Frauen liege die Grenze bei 20 Gramm.

Ist jemandem zu trauen, der Alkohol in Gramm misst und sich doch Sorgen macht um Leute, die eine Zeitlang kein einziges Gramm davon zu sich nehmen? Unbedingt. Das lässt dann aber Georg Gänswein in einem ganz neuen Licht erscheinen, Heiligenschein perdu. Der Klerus-Clooney verzichtet nämlich nicht nur auf Naschzeug, sondern auch auf "gute Tropfen". Und noch einen dritten Teufel will er austreiben. "Ich höre sehr gern Musik", sagt er zu Focus online. "Auch da versuche ich, etwas zurückzustecken." Recht hat er. Irrigerweise wird ja immer noch eher den Musikmachern als den Musikhörern unterstellt, dass sie der Sünde zugetan sind. Wer jedoch in den Tagen vor Aschermittwoch sowohl Deichkind als auch The Libertines live zu sehen bekam, kann Gänsweins Ansatz verstehen: Die Hamburger sangen von "Saufen, kiffen, kotzen, Koma, Magenpumpe: Geil!", turnten dabei aber durch die Halle wie athletische Duracell-Derwische. So weit ist es mit Rock 'n' Roll gekommen: Wein predigen und Wasser trinken. Und bei den Engländern bewegte sich Pete Doherty, ein Mensch mithin, der ob seiner Vergangenheit zu 70 Prozent aus Heroinschlacke besteht, pumperlgesund und verblüffend rege über die Bühne. Dicht war in beiden Fällen tatsächlich nur das Publikum.

Aber wie gesagt: Schnee von gestern. Mittlerweile ist Fastenzeit, und die Bunte hat folglich Carolin Reiber, 75, vom Blatt "Kultmoderatorin" genannt, sowie Thomas Gottschalk, 65, der lediglich "Moderator" ist, nach ihren Tipps gefragt. Reiber also verzichtet bis Ostersonntag auf Nugatpralinen; Gottschalk empfiehlt eine F.X.-Mayr-Kur. Monica Ivancan, 38 und trotzdem "Model", schwört auf Detoxen, und Katja Burkard, 50, "Schauspielerin" (man wartet gespannt auf den ersten Film dieser Nachwuchshoffnung), nimmt fünf Tage lang nur Wasser und Tee zu sich. Vielesser rümpfen da natürlich die Schnaps- und Koks- und Trüffelnasen. Sie dürften sich in ihrer Überzeugung - Fast Food schlägt Heilfast - bestätigt fühlen von der Schlagzeile, die nun über den Nachrichtenticker lief: "Burger regt zur Fastenzeit bewussteres Konsumverhalten an". Man durfte bloß nicht die dazugehörige Meldung lesen. Sie handelt von den Abstinenz-Appellen des Freiburger Erzbischofs. Der gute Mann heißt Stephan Burger.

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