Glamorama:Schmidt und Letterman

Glamorama: Nahe Verwandtschaft, auch noch im TV-Rentenalter: Harald Schmidt und David Letterman.

Nahe Verwandtschaft, auch noch im TV-Rentenalter: Harald Schmidt und David Letterman.

(Foto: DPA, AFP)

Brüder im Geiste sind oft auch Brüder im Barte, wie Schmidt und Letterman beweisen. Aus aktuellem Anlass also: Ein paar Gedanken zum Thema "Optische Annäherung".

Von Martin Zips

Der Mensch ist ein Unikat. Glaubt er zumindest. Doch eher ist der Mensch ein Duplikat. Eine Kopie zweier Menschen, die er seine Erzeuger nennt. Künstlich gezüchtete Eizellen zum Beispiel, die mal was mit anonymen Samenspendern hatten. Irgendwie ist der Mensch natürlich auch ein Duplikat all jener Typen, die er sich im Laufe seines Lebens zum Vorbild wählt. So war der heute eher unbekannte US-Komiker Mike Merrick einst das Vorbild von Woody Allen. Merrick trug gerne eine schwarze Hornbrille auf der Nase, die ihn gleichermaßen klug und witzig aussehen ließ. Seit einem halben Jahrhundert trägt nun auch Woody Allen eine solche Brille. Optische Angleichung infolge geistiger Verwandtschaft.

Apropos halbes Jahrhundert. Gerade ist der frühere Fernsehkomiker Stefan Raab 50 Jahre alt geworden. Nach Aussagen ehemaliger Mitarbeiter soll Raab dem Schlagerkomponisten Ralph Siegel immer ähnlicher sehen, was die Theorie mit der optischen Angleichung nur bekräftigt. Raab hatte es stets auf Siegels Kompositions-Monopol beim Eurovision Song Contest abgesehen - bis er selbst mit Lena siegte.

In puncto Mimikry am beeindruckendsten freilich war dieser Tage die Veröffentlichung zweier Fotos, die Harald Schmidt respektive sein berufliches Vorbild, den ehemaligen US-Late-Show-Moderator David Letterman, zeigten. Auf dem einen Foto - ein PR-Bild eines deutschen Filmverleihs - war Schmidt in seiner Gastrolle als Graf der "Burg Schreckenstein" im gleichnamigen Kinofilm zu sehen: lange weiße Haare, weißer Vollbart. Ein künstlich herangereifter Peter Handke? Eine anonyme Spende von Wim Wenders? Auf dem anderen Foto dann, es erschien in der New York Times: David Letterman! Ebenfalls weiße Haare, ebenfalls weißer Vollbart.

Die Gesichter von Schmidt und Letterman - sie waren nahezu identisch. Existiert zwischen beiden auch noch im Ruhestand diese tiefe geistige Verbindung? Eine Liaison, die ihren Ausdruck auch und gerade im Äußerlichen findet? (Ein Effekt, den man bisher vor allem von Ehepaaren jenseits der goldenen Hochzeit, Tierbesitzern, Beyoncé-Konzertbesucherinnen und langjährigen Vizekanzlern kannte.)

Einziger Unterschied auf den beiden Bildern: Letterman lachte. Schmidt lachte nicht. Letterman schien sein neues bärtiges Leben sehr zu genießen. Genießt auch der einst so reinigend böse Harald Schmidt seine Gastauftritte in Kinderkino-Klamotten, dem ARD-Schwarzwald-"Tatort" oder dem ZDF-"Traumschiff"?

Der New York Times sagte Letterman, nach 33 Jahren TV-Blödelei freue er sich, nicht mehr ständig erkannt zu werden und nur noch das zu machen, worauf er Lust habe. Zum Beispiel für den National Geographic Channel nach Indien zu reisen und dort Menschen für einen Dokumentarfilm über die Auswirkungen des Klimawandels zu interviewen. Er habe endlich kapiert, worauf es ankomme im Leben.

Vielleicht sollte er Schmidt einfach mal mitnehmen.

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