Glamorama:Premierenhysterie

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Kumpeltyp, der Mutterinstinkte auslöst: Schauspieler Matthias Schweighöfer, 34. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Matthias Schweighöfer sorgt für irren Bohei in München, Mark Zuckerberg für Aufregung in Berlin: über das eigenartige Wesen von Premierenveranstaltungen.

Von Christian Mayer

Am Dienstag dieser Woche gab es in München einen irren Bohei, es war diese überspannte, von übertriebenen Erwartungen genährte Vorfreude zu spüren, die Filmpremieren zu eigen ist, vor allem jenen mit Matthias Schweighöfer, der in "Der geilste Tag" neben Florian David Fitz die Hauptrolle spielt. Das Kino war bis an die Unterkante voll mit sehnsüchtigen Fans, mehrheitlich weiblich und jung. Viele von ihnen stießen spitze Schreie aus, als Schweighöfer dann vor ihnen stand. Der Schauspieler zählt zur Sorte des gerade noch jungenhaften Mannes, der bei Mittvierzigerinnen bereits Mutterinstinkte auslöst, während die Männer in ihm den Kumpeltyp sehen, der es anders als man selbst schon früh zu etwas gebracht hat.

Schweighöfer schaut im Film und auf dem roten Teppich oft belustigt beziehungsweise leicht verträumt, was darüber hinwegtäuscht, dass er zu einem der erfolgreichsten deutschen Selbstdarsteller-Produzenten geworden ist. Zu einem Millionen-Mann, der machen kann, was er will. Selbst wenn er einen beziehungsunfähigen Kotzbrocken oder einen neurotischen Todkranken spielt: Die Leute rennen ihm die Bude ein.

Zwei Tage später gab es ein ganz ähnliches Schaulaufen mit hyperventilierenden Fans, dieses Mal in Berlin, wo man sich auch gerne der Premierenhysterie hingibt. Zu Gast war Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, ein Milliarden-Mann, der es mit 31 immerhin zur Weltherrschaft gebracht hat und bei Mittvierzigerinnen jedenfalls bis vor Kurzem noch Mutterinstinkte weckte. Jetzt sind die ersten Mütter schon ein wenig genervt davon, dass Zuckerberg auf seinem eigenen Netzwerk die ganze Zeit damit angibt, was für ein fürsorglicher Daddy er ist und wie fachmännisch er seiner drei Monate alten Tochter Max die Windeln wechselt. Frauen finden die Selbstdarstellung dieser von sich selbst berauschten, ständig ihre eigene Aufzuchtleistung betonenden Erzeuger meist nur begrenzte Zeit süß. Diese Phase hat Matthias Schweighöfer (seine Tochter Greta ist sechs, sein Sohn Valentin zwei) zum Glück schon hinter sich, er ist Zuckerberg in Sachen Vaterfreuden also einen Schritt voraus.

Die Bild-Zeitung war am Donnerstag auch ganz freudig erregt, wie man auf der Titelseite sehen konnte. Direkt unter der "heimlichen Liebes-Affäre!" von Justizminister Heiko Maas und Schauspielerin Natalia Wörner sitzt ein total erstaunt aussehender Mark Zuckerberg auf dem Ledersofa im Berliner Verlagshaus, vor sich ein riesiges rotes Bild-Buch. Bei der Verleihung des "Axel Springer Awards" am Abend wurde Zuckerberg dann wie ein Zirkuspferd vorgeführt, die Selfie-Maschine lief auf Hochtouren. Und sie hatten sich sehr lieb, die Hauptstadt-Groupies und der wickelfreudige Großunternehmer, der in Berlin als Menschheitsbeglücker gefeiert wurde. Am Ende posierten sie Arm in Arm, Friede Springer und Mathias Döpfner mit Priscilla und Mark Zuckerberg in ihrer Mitte. Mama, Papa und die zwei Herzchen aus Kalifornien.

So sieht also der geilste Tag in Berlin aus.

© SZ vom 27.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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