Glamorama:Fischig

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Mal Seepferdchen, mal Razzia: Aquarist und Gangster-Rapper Bushido. (Foto: Andreas Rentz/Getty)

Mal Seepferdchen, mal Razzia: Bushido ist nicht nur Rapper, sondern auch Aquarist mit eigenem Zierfischladen. Nun stand jedoch die Steuerfahndung vor der Tür.

Von Sebastian Herrmann

Auf der Suche nach Orientierung und Rollenvorbildern sollte der moderne Mann mal in den Ozeanen der Welt vorbeischauen. Dort könnte er auf Seepferdchen treffen, die - wie nun wirklich jeder weiß - zusammen mit den Fetzenfischen die Familie der Seenadeln bilden, vor allem aber eine aus menschlicher Perspektive höchst fortschrittliche Arbeitsteilung in der Seepferdchen-Partnerschaft pflegen. Bei diesen Tieren tragen die Männchen die Nachkommen aus und pflegen die Brut, während die Weibchen irgendwo hinter der nächsten Koralle ihr eigenes Ding machen. Männliche Seepferdchen sind irre sanfte Typen, so etwas wie tiergewordene Babytragetücher. Da verwundert es schon ein wenig, dass ausgerechnet Bushido ("Ich bin hochkarätig, großes Ego, großer Penis") die Tiere zu seinen Lieblingsfischen zählt, wie die B. Z. vor einiger Zeit einmal berichtet hat. Der Rapper betreibt nämlich im Berliner Stadtteil Lichterfelde ein Fachgeschäft für Meeresaquaristik, da kann es passieren, dass einen die Presse nach den Lieblingsfischen fragt.

Gerade berichten die Hauptstadtzeitungen jedoch, dass Steuerfahnder mit Polizeibegleitung zur Razzia in den Zierfischladen gekommen sind. Da mussten die Seepferdchen-Papas bestimmt ganz aufgeregt im Wassertank auf und ab paddeln. Ist Bushido also doch der Gangster, den alle in dem Rapper sehen? Aber dann schickt es sich doch nun wirklich nicht, etwa Hufeisen-Doktorfische, Orangerücken-Zwerglippfische und Kakadu-Schaukelfische zu halten. Der aggressive Aquarist könnte seine Wassertanks zwar auch mit Drücker-, Leier- oder Panzerfischen besetzen. Aber ob das im Berliner Gangster-Ghetto für eine ordentliche Reputation reicht? Natürlich nicht, da müssen selbst die Seepferdchen lachen.

Bushido ("Willkommen in der Stadt, wo Battle Messer ziehen heißt") sei an dieser Stelle an die Haustiere erinnert, die im Gangsterwesen Eindruck schinden. Der einstige kolumbianische Kokain-König Pablo Escobar etwa hielt Nilpferde und Elefanten in einem Privatzoo. Und wer Seepferdchen als Softies der Meere bezeichnet, der muss Nilpferde auch als das bezeichnen, was sie sind: die Schläger der Savanne. Tiger, Löwen, Hyänen - mit gefährlichen Tieren wie diesen lässt sich das eigene Testosteron-Level unterstreichen. Das kapieren auch die Homies im Berliner Problemkiez.

Doch Bushido ("Ich erzähle meiner Tochter von der Zahnfee") steht mit seiner zurückhaltenden Haustierwahl wohl für die gesamte deutsche Rap-Szene. Der Interpret Cro ("Ich bin ein Versager, weil ich mich doch nicht trau") verbirgt sein Gesicht hinter einer Pandabärenmaske. Und diese phlegmatischen Vegetarierbären gelten ja nun auch nicht gerade als Abräumer. Das Leben in Deutschland bietet einem Gangster einfach weniger animalische Gelegenheiten. Und während die Kollegen in den USA stolz Einschusslöcher im aufgepumpten Gangsterleib zählen, ließ sich Bushido ("Ah, yeah, ah ich bin schon lange nicht mehr Mr. Nice Guy") mal mit Sido beim Angeln ohne Angelschein erwischen. Das immerhin muss man dem rappenden Aquaristen und Seepferdchen-Freund lassen: Sucht er sich ein Thema aus, bleibt er konsequent bei der Sache.

© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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