Glamorama:Die Preiseveranstalter

Der Goldene Computer 2015 Award

Foto: Clemens Bilan/Getty Images

Es war eine Woche der Auszeichnungen: Golden Globes, Weltfußballerwahl, Deutscher Fernsehpreis. Schön war's, schön öde.

Von Friederike Zoe Grasshoff

Preisverleihungen sind wie Rituale, sie laufen immer gleich ab, und das kann gut sein, einerseits, Rituale geben Sicherheit. Andererseits aber ist alles, was immer gleich abläuft, bisweilen auch: verdammt einschläfernd. Irgendwer muss immer das geschmackloseste bzw. transparenteste Kleid über den roten Teppich rangieren, danach hält irgendjemand eine besonders uninspirierte Laudatio, und am Ende tut ein alter Mann via Videoschaltung so, als hätte er ernsthaft Besseres zu tun als den Preis für sein Lebenswerk entgegenzunehmen. Ganz gleich, wie viel Ruhm, Gratis-Alkohol oder Giveaways eine Verleihung mit sich bringen mag - das eitle Einerlei bleibt ein Pflichttermin , genannt "der beste Moment meines Lebens".

Man muss es also Glück nennen, wenn mal eine Dame die Treppe hoch- beziehungsweise runterfällt oder ein Herr seinen Preis ablehnt. Jeder Ausbruch aus dem Script tut gut, und weil in dieser Woche wieder artig alles mögliche verliehen wurde, sollte man zum Beispiel Lady Gaga und Leonardo DiCaprio danken. Bei den Golden Globes in Los Angeles rempelte die Alles-Künstlerin Gaga den Alles-Schauspieler DiCaprio an, als sie auf die Bühne ging, um den Preis ("Beste Hauptdarstellerin in einer Miniserie") entgegenzunehmen. DiCaprio war kurz verdutzt, zog die Augenbrauen hoch, Gaga lief weiter. Ja, okay, das war's im Grunde schon, knallt nicht so rein wie zum Beispiel "Nippelgate" (Janet Jacksons entblößte Brustwarze beim Super Bowl 2004), aber zumindest die www-Feldwebel mobilisierten ihre Follower. Und auch die Schauspielerin Jennifer Lawrence hat verstanden, wie man bei so einer Veranstaltung die Menschen bzw. das Internet unterhält: mit Pomp plus Punk. Nach ihrem Sieg als "Beste Schauspielerin in einer Komödie" sagte sie zu einem Journalisten: "Wir sind bei den Golden Globes, wenn du dein Handy beiseite legen würdest, wüsstest du das." Das Gegenmodell ist übrigens Lionel Messi, der bei der Wahl zum Weltfußballer recht dezent auftrat; weder wurde er ausfallend, noch trug er den Anzug von 2011 (lila Samt) oder 2012 (schwarz mit weißen Punkten). Er hat den Preis schon zum fünften Mal bekommen, da kommt eine gewisse Trägheit wahrscheinlich ganz von selbst.

Was nun bleibt, ist die Frage, was passiert, wenn bei Preisverleihungen niemand zuschaut, weil niemand überträgt. Die Antwort liefert die hiesige Fernsehbranche, deren Deutscher Fernsehpreis in diesem Jahr erstmals nicht in voller Länge im Fernsehen zu sehen war. Barbara Schöneberger , die den Abend moderierte und logischerweise als beste Moderatorin ausgezeichnet wurde, fand das nicht so gut: "Ich bekomme einen Preis - und keine Sau schaut zu." Aber: "Wir können uns komplett zulöten." Das ist es. Vielleicht ist das deutsche Fernsehen, ach was, die gesamte Preis-Industrie, ja doch noch zu retten.

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