Süddeutsche Zeitung

Glamorama:Abschiedsklamotten

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Auch nach dem Brexit stellt sich die Frage: Stimmt das Outfit? Samantha Cameron jedenfalls wählte fröhliche Farben zur Rücktrittserklärung ihres Mannes David Cameron.

Von Martin Wittmann

Nach der Wahl ist vor der Kleiderwahl, nach dem "Out" ist vor dem Outfit. Das ist mittlerweile gängiges Brexit-Wissen, und so fragt Patricia Riekel, scheidende Chefredakteurin der Bunte, in ihrem allerletzten Editorial: "Was trägt man als Ehefrau, wenn der Mann seine größte Niederlage verkünden muss?" Es geht um die Rücktrittsrede des britischen Premiers David Cameron und das mehrfarbige Kleid, das seine Frau dabei trug. Was für eine Woche für dieses Paar: Austritt, Arschtritt, Auftritt, Rücktritt.

Riekel vergleicht Samantha Cameron, genannt Sam-Cam, mit deutschen First Ladys in ähnlichen Lagen: Eva Luise Köhler, nicht genannt Elu-Köh, und Bettina Wulff, nicht genannt Be-Wu, trugen bei den Rücktritten ihrer Männer Schwarz. "In der Farbenpsychologie steht Schwarz für Unnahbarkeit und Distanz" schreibt sie. Beides ist beim Boulevard nicht sonderlich beliebt.

Natürlich ist in diesen harten Zeiten die Frage, was die Partner von abdankenden Eliten tragen, unerheblich. Bedeutender ist doch, was die Scheidenden selbst tragen. Welchen Look hat also Patricia Riekel für ihren letzten Auftritt gewählt? Das Foto über ihrem Editorial zeigt sie: in Schwarz. Daneben steht: "Die Zukunft ist immer bunt." Wie soll die Bunte überleben ohne die Dialektik dieser Frau?

Zumal die Enthüllung der Woche von der Konkurrenz kommt. Das Neue zeigt auf dem Titel Angela Merkel und Jogi Löw, dazu heißt es: "Geheime Leidenschaft - Endlich enthüllen sie ihr privates Glück." Überraschend ist die angedeutete Liaison eigentlich nicht: Euro heißt ihrer beider Schicksal, und beide müssen damit leben, dass 80 Millionen Deutsche glauben, ihre Jobs besser machen zu können als sie. Daran müsste man sich (und das Kartellamt) trotzdem erst gewöhnen: Die Bundeskanzlerin und der Bundestrainer als Bundespaar, da ist die Zukunft immer "bund". Entscheidende Frage natürlich: Was könnte sie tragen, wenn er am Samstagabend nach dem Aus bei der EM seinen Rücktritt erklären sollte? Aber Halt, don't judge a book by its cover, wie die Briten, Gott hab sie selig, zu sagen pflegten: Wer in Das Neue zur eigentlichen Geschichte vorblättert, erfährt schnell, dass die "geheime Leidenschaft" lediglich aus zwei bis drei gemeinsamen Essen im Jahr besteht. Da wären die geheimen Leidenschaften von David Camerons Widersacher Boris Johnson wohl pikanter, das glaubt zumindest bil d.de. Der blendend hellhaarige Brexit-Befürworter verzichte demnach trotz seines Triumphs auf das höchste Amt, weil die Presse sonst über seine Seitensprünge berichtet hätte. Ein klassischer Boris.

Johnsons Frau stand übrigens nicht neben ihm, als er seinen Verzicht erklärte. Um den Mann ist es einsam geworden. Die Zukunft mag vieles sein. Blond ist sie sicher nicht.

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Quelle:
SZ vom 02.07.2016
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