GEZ:Jagd auf Schwarzseher

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Eine Gesetzesänderung soll es der GEZ ermöglichen, leichter an Adressen zu kommen. Datenschutzbeauftragte protestieren, bei den GEZ-Schummlern steigt die Angst vor ungebetenem Besuch.

Von Hans-Jürgen Jakobs

Manchmal klingeln Männer und Frauen an der Tür, die man nicht zum Kaffee hereinbitten möchte: Einer oder eine von vermutlich mehr als 1000 Gebührenbeauftragten der Sender ARD und ZDF, die freiberuflich erforschen, ob man denn wirklich die Fernseh- und Radiogeräte angemeldet hat. Das alles kann zu plumpen Dialogen führen, die beim Medienkonsumenten leicht Verdruss hervorrufen.

Schon GEZahlt? (Foto: Foto: dpa)

Da setzen die öffentlich-rechtlichen Anstalten lieber auf gezielten Briefversand, um vermutliche Wackelkandidaten vom Monatsobulus über derzeit 16,15 Euro zu überzeugen.

Schließlich geht der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in Köln viel Geld verlustig, weil in Städten wie Berlin vermutlich viele schwarz hören und sehen: Fast 18 Prozent der Haushalte in der Hauptstadt sind nicht bei der GEZ als TV-Teilnehmer gemeldet.

Eine Gesetzesänderung soll nun bewirken, dass ARD und ZDF bei ihren "Mailings" leicht an für sie geeignete Adressen kommen. Im neuen Rundfunkstaatsvertrag, den die Landtage in diesen Wochen verabschieden, wird es ihnen generell gestattet, sich von Adressenhändlern - oft Medienhäuser wie Bertelsmann oder Burda - die benötigten Anschriften zu besorgen.

Rechtlich problematisch

Bisher war diese Praxis in vielen Ländern wie Hessen, Berlin, Brandenburg oder Niedersachsen rechtlich problematisch; deshalb haben die Datenschutzbeauftragten dort bereits gegen die Änderungen protestiert.

In einer gemeinsamen Erklärung monieren sie eine "Verschlechterung des Datenschutzes" und befürchten "die Beschaffung von jährlich mehreren Millionen Adressen hinter dem Rücken der Betroffenen".

Längst hat die GEZ den Werbeweg über die Post entdeckt. Im Jahr 2003 wurden 3,2 Millionen Adressen akquiriert - und etwa in der Zielgruppe "junge Erwachsene" 12,1 Prozent der angeschriebenen Deutschen zur Anmeldung bewegt.

"Außerordentlich effizient", lobt Andreas Gall aus der juristischen Direktion des Bayerischen Rundfunks in München. Für einen Euro, den man ausgebe, würden elf Euro zusätzlicher Gebührenerlöse zurückfließen.

Ohne solche Mittel, so Experte Gall, gäbe es mehr Abmeldungen als Anmeldungen - das sei eine "Frage der Gebührengerechtigkeit". Im Übrigen würden die Adressen nur für einige Monate sowie drei Briefe gemietet - und danach vernichtet. Mögliche Gefahren sieht der langjährige Datenschutzbeauftragte im Münchner Funkhaus aber auch, etwa wenn gezielt die Abonnenten von Programmzeitschriften angeschrieben würden.

Wer umzieht, fällt auf

Wer sich über Radiosendungen und TV-Shows informiert, dürfte wohl auch Geräte in der Wohnung haben. Eine solche Rasterfahndung sei nicht die Absicht der öffentlich-rechtlichen Sender, sagt Gall: "Auch die Beate-Uhse-Kunden sind für uns nicht interessant."

Als sehr ertragreich hat sich für den GEZ-Komplex erwiesen, dass seit dem Jahr 2002 die Daten der Melderegister mit den Beständen des Senderverbunds abgeglichen werden: Wer umzieht, fällt auf. Auf Hausbesuche aber wird das System nicht verzichten; und somit etwa auf die Frage, ob der Azubi nicht so viel verdient, dass er das vom Papa geschenkte Radio anmelden muss.

Wer sich weigert und lügt, kann dennoch nicht belangt werden. Schwarzsehen ist kein Fall für die Polizei. Es sei denn, der Gebührenbeauftragte und sein Zielobjekt prügeln sich.

© SZ vom 27.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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